Original von Lazarus
Ich habe das Buch jetzt erneut gelesen, aber "Hass" wie du ihn siehst, finde ich in dem Sinne nicht. Du hast Recht, die Freude, die ich im Verlust sehen wollte, ist nicht zu finden (Hört das denn nie auf?), aber es ist kein Hass. Es ist viel mehr eine Verzweiflung über die Unfähigkeit zu glauben.
Also wenn Hass gegeben ist, dann auf sich und die eigene Verlorenheit und nicht auf Gott.
S. 644:
"[...] Wer könnte sich so etwas auch vorstellen? Ich bin in Gottes Hand, habe ich gedacht. Ich liebte Gott und vertraute auf Seine Liebe. Zum Lachen, nicht wahr? Ich habe mich rückhaltslos ergeben. Es gab nichts mehr zwischen mir und dem, was geschah, als Gottes Liebe. Und ich wurde vergewaltigt. Ich stand nackt vor Gott und wurde - vergewaltigt!"
S. 650:
"Warum John? Warum ist alles so gekommen, es sei denn, Gott hat es so gewollt?"
S. 651:
"Wenn Gott dies getan hat, John, dann hat er einem im Zölibat lebenden Mann einen ziemlich gemeinen Trick gespielt. Und wenn er es nicht getan hat - was bin ich dann ich?" [...] "So viele Tote, nur weil ich geglaubt habe."
Wie du siehst, hat er geglaubt. Er war im Zweifel, bis zu dem Moment, als er das Leben auf dem Planeten als Gottes schöne Schöpfung erkannt hat. Und dann hat er geglaubt. Bis zum bitteren Ende. Sogar noch während den Vergewaltigungen. Aber er hat mit Hass geglaubt. Er konnte nirgends den liebenden Gott finden, auf welchen er gehofft hat, sondern nur ein - in seinen Augen - Monster. Und dieses Monster, dieses Wesen Gottes, hat er gehasst. Aus dieser Verzweiflung Sandoz spricht natürlich Hass. Auch Hilflosigkeit kann ein Ausdruck des Hasses sein.
Aber trotzallem bleib ich dabei, wenn er dafür Gottes Liebe garantiert bekommen hätte, hätte er ein gewisses Maß an Schmerzen in Kauf genommen.
Das merkt man doch auch daran, dass er selbst bei den Vergewaltigungen noch immer an seiner Illusion des Glaubens (Fuck!) festgehalten hat. Er hat sogar versucht im Tod der anderen Crewmitglieder ein Konzept zu sehen, was dem Willen entspricht.
Nein, er glaubte ja bereits Gottes Liebe zu sehen, als er mit den Runas zusammenlebte, als er (noch auf der Erde) die Musik hörte. Sein Glaube war stabil, bis er Gott kennenlernte. Der eigentliche Glaubensprozess, also die Wandlung, begann in dem Moment, als die Runas und seine Freunde abgeschlachtet wurden. Und da begann auch der Hass. Märtyrertum ist nie von Hass auf Gott begleitet (eher von einer Menge Dummheit). Es war kein freiwilliges Opfer, da er nie vorhatte zu missionieren, also musste er nicht für den Glauben leiden, sondern einfach aufgrund der Eigenheiten eines anderen Systems und einem ambivalenten Wesen eines evtl. existenten Gottes.