Diesen Text habe ich vor einigen Tagen in meinem Ethik Buch gefunde. Ich finde, der Wert eines Menschen wird in interessanten Thesen dargestellt -g-. Jedoch kann man den Wert eines Menschen nicht nur in Geld messen.
Am geringsten taxiert der Chemiker den Wert eines Menschen. Er berechnet den Gehalt eines Erwachsenen an Zellulose, Eiweiß und Kalk mit ungefaehr 30 Mark.
Amerikanische Versicherungsgesellschaften halten den Menschen fuer wertvoller. Nach ihrer Ansicht ist ein Neugeborener ungefaehr 40.000, ein Zehnjaehriger 50.000 Mark Wert. Der Wert eines Menschen steigt mit dem Alter. Er summiert sich aus den Kosten der Berufsausbildung und dem Einkommen. Frauen sind nur halb so viel wert wie Maenner, weil sie in der Regel frueher aus dem Beruf ausscheiden. Der Mensch ist fuer amerikanische Versicherungsgesellschaften so viel wert, wie er verdient. Den Wert eines Menschen an den Tarifen eines anatomischen Instituts zu messen ist unmoeglich, weil fuer ein solches Institut der menschliche Koerper weder zu Lebzeiten noch im toten Zustand Handelsobjekt ist. Entgegen allen Geruechten war es in Deutschland nie moeglich, seinen Koerper bei Lebzeiten an die Anatomie zu verkaufen. Vor Jahrhunderten gab es das in England; es wurde jedoch abgeschafft, weil Moerder ihre Opfer als angeblich liebe Verwandte an die Anatomie verkaufen wollten. Ein anatomisches Institut uebernimmt bei jedem ihm ueberlassenen Toten die Unkosten fuer Leichenhaus und Zuweißung; außerdem werden die Leichen, nachdem sie zu Unterrichtszwecken gedient haben, bestattet und ihr Grab zwanzig Jahre lang gepflegt. Das stellt eine recht ansehnliche Wertschaetzung dar. Einem Stabsgefreiter der DDR-Grenzpolizei wurde fuer den Abschuß eines Fluechtlings eine Geldpraemie von 200 Ostmarkt ausbezahlt. Der Wert eines Kuenstlers errechnet sich aus den Einahmen beim Verkauf seiner Werke: Manuskripte, Noten, Buecher, Funkhonorare, Urheberrechte und Schallplatten. Demnach waren Heinrich von Klein und Schubert bei ihren Lebzeiten weniger wert, als eine Schnulzensaengerin es heute ist; sie haben aber nach ihrem Tod einen Wertzuwachs erfahren, der sie dieser Kuenstlerin hoffentlich auch an finanziellen Wert immer noch ueberlegen sein laesst. Schweizerische Versicherungsgesellschaften berechen den Wert eines Menschen aus dem Produkt des Jahreseinkommen und der Dauer der Berufstaetigkeit in Jahren. Ein Mensch mit einem Monatseinkommen von 800 Franken und einer voraussichtlichen vierzigjaehrigen Berufstaetigkeit ist demnach 400.000 Schweizer Franken oder 360.000 DM wert. Im Konzentrationslager Auschwitz war der Mensch nur 1629 Reichsmark wert. Er wurde folgendermaßen berechnet: taeglicher Verleihlohn 6Mark, abzueglich 60 Pfennig fuer Ernaehrung und 10 Pfennig fuer Bekleidungs-Amortisation. Durchschnittliche Lebensdauer: 9 Monate, macht 1431 Reichsmark. Dazu „Erloes“ aus rationeller Verwertung der Leiche ( Zahngold, Kleidung, Wertsachen, Geld ) 200 Mark, abzueglich 2 Mark Verbrennungskosten, macht 1629 Mark. Diese „Rentabilitaetsberechnung“ ist dokumentarisch ueberliefert. Amerikanische Millitaerswissenschaftler stehen auf dem Standpunkt, ein Objekt koennte nicht mehr wert sein, als fuer seine Vernichtung ausgegeben werde. Sie errechnen deshalb den Wert eines Menschen aus den Kosten eines Kireges, geteilt durch die Anzahl der Gefallenen. Demnach ist dieser Wert im Laufe der Geschichte enorm gestiegen. Bei Caesars Feldzug in Gallien kostete es durchschnittlich 3 Mark, einen Menschen zu toeten. Zu Napoleons Zeiten war der Mensch schon 10.000 Mark, im Ersten Weltkrieg 85.000 Mark und im letzten Krieg 200.000 Mark wert. Ein toter Vietcong kostete die Amerikaner inzwischen 1,4 Millionen Mark. Fuer den naechsten Krieg rechnet der amerikanische Verteidigungsminister mit 10 Megatoten in den USA. 10 Megatote sind eine Nullen sparende Kurzform fuer 10 Millionen Todesopfer. Seit dieser Feststellung sind zwar die Preise gestiegen, aber die Technik ist auch vollkommener geworden, so dass man auf die ganze Welt umgerechnet, gut mit 40 Megatoten rechnen kann. Da die Wasserstoffbombe im Gegensatz zur entrahmten Frischmilch billiger und ihre Wirkung staerker geworden ist, kostet die Vernichtung eines Menschen bedeutend weniger als im letzten Krieg.
Jede Praktik jedes Augenblicks, jeder Instinkt, jede zur Tat werdende Wertschaetzung ist heute antichristlich: was fuer eine /Missgeburt von Falschheit/ muss der moderne Mensch sein, dass er sich trotzdem /nicht schaemt/, Christ zu heissen! - - -
– Friedrich Nietzsche
– Friedrich Nietzsche