Bäume sind auch nur Menschen

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    • Bäume sind auch nur Menschen

      Das Mädchen, von dem diese Geschichte sich zu handeln anschickt, hatte langes, dunkelbraunes Haar, das im tiefstehenden Sonnenlicht auch schon mal die Farbe von dem Federkleid eines jugendlichen Fuchses annahm, der im ersten Morgentau in angemessenem Abstand über zum Beispiel ein Rübenfeld stolziert. Außerdem war es kein Mädchen, sondern vielmehr eine Frau, sie fühlte sich sehr erwachsen an zumindest. Diese Frau jedenfalls bewohnte ein Häuschen, das auf einer weitgelegenen Ebene einsam stand, ringsum zeichnete sich keinerlei Population am Horizont ab. Neben dem Häuschen hielt sich ein kleiner Garten auf, den lediglich ein einzelner Baum bevölkerte: eine Trauerweide.
      Um von ihrem nahe am Wasser gebaut habenden Wesen abzulenken, pflegte die Weide sich mit sowohl bunten als auch lustigen Wimpeln und Windfängen zu behängen und auf der Trillerpfeife zu blasen. Diese Trauerweide schätzte keine Gesellschaft! Sie konnte es nicht haben, wenn Eichhörnchen auf ihr rumkrabbelten oder Dachse in ihr wohnten, die fand sie alle blöd, geschweige denn andere Bäume im Garten dulden. Sie mochte nur das Mädchen, dafür aber umso qualitativ hochwertiger. Das Mädchen mochte die Trauerweide auch sehr gern leiden.
      Habe ich vorhin behauptet, auf der Ebene gibt es weit und breit sonst nichts außer des Mädchen Häuschen? Dann habe ich hiermit gelogen! Etwas weiter weg stand noch ein Baum, „wie von Dürer, [der] / das Gewicht von hundert Arbeitstagen / in den überfüllten Früchten [trug]“ (Rainer Maria Rilke). Jener Baum stellt die Zartfühlendheit in Person dar, seine Sklerenchymschicht ist empfindungsvoll, das Palisadenparenchym schwärmerisch, der Spaltöffnungsapparat sentimental. Das Mädchen hatte schon oft an seiner verständnisvollen Rinde gelehnt, u. U. sogar schon, bevor die Trauerweide in ihrem Gärtchen gestanden hatte. Heutzutage war die Gesellschaft dafür zu schnelllebig geworden, der Kapitalismus ist schuld!
      Doch manchmal zog sich die Frau auch heute noch in die feinsinnig-poetischen Schatten dieses romantisch-entrückten Wurzelinhabers zurück, wenn ihre Trauerweide zum Beispiel grad Fahrschule hatte. Auf deren Ästen konnte man eh nicht sitzen, die knickten immer ab, höchstens Tarzan spielen. Jedoch auf denen des anderen Baumes ließ es sich aushalten, oder was! Die waren stark und gefühlsbetont genug, um die eher metaphysisch veranlagte Gewichtskraft der Probleme, die das Mädchen hatte, zu tragen. Dann ging der Wind durch die Äste des elegischen Holzkonstruktes, wobei sich wie von feingliedriger Zauberhand diverse Töne materialisierten, wie bei der Wasserorgel in Dessau, gegenüber vom Theater. Das Mädchen deutete dieses außerhalb von jedwedem kausalen Zusammenhang stehende Klanggewichse als brüderliche Ratschläge. Dass ich nicht lache! Der Fuzzi soll sich zuzrück nach Fuzzihausen machen!
      YO YO YO WHAT GOES