Beeinflussende Schriften

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    • Beeinflussende Schriften

      Geht Euch das auch manchmal so? Ihr lest ein Buch und mittendrin, trifft Euch ein Satz oder eine Passage wie die große Erkenntnis. Man weiß nicht wie oder warum, aber das ganze Buch kann uninteressant werden, aber dieser eine Satz beschäftigt und beeinflusst das Denken und Handeln.
      Mir zumindest ging das so, bei der Lektüre von "Natan der Weise" von G.E.Lessing. OK, wir wurden zur Lektüre in der Schule gezwungen und ich hab´s über mich ergehen lassen; bis wir zur (vielgerühmten) "Ringparabel" kamen, die ich hier im Folgenden zitiere:

      NATHAN. Vor grauen Jahren lebt´einmal ein Mann in Osten,
      Der einen Ring von unschätzbarem Wert´
      Aus lieber Hand besaß. Der Stein war ein
      Opal, der hundert schöne Farben spielte,
      Und hatte die geheime Kraft, vor Gott
      Und Menschen angenehm zu machen, wer
      In dieser Zuversicht ihn trug. Was Wunder,
      Dass ihn der Mann in Osten darum nie
      Vom Finger ließ; und die Verfügung traf,
      Auf ewig ihn bei seinem Hause zu
      Erhalten? Nämlich so: Er ließ den Ring
      Von seinen Söhnen dem geliebtesten;
      Und setzte fest, dass dieser wiederum
      den Ring von seinen Söhnen dem vermache,
      Der ihm der liebste sei; und stets der Liebste,
      Ohn Ansehn der Geburt, in Kraft allein
      Des Rings, das Haupt, der Fürst des Hauses werde.[...]

      So kam nun dieser Ring, von Sohn zu Sohn,
      Auf einen Vater endlich von drei Söhnen;
      Die alle drei ihm gleich gehorsam waren,
      Die alle drei er folglich gleich zu lieben
      Sich nicht entbrechen konnte. Nur von Zeit
      Zu Zeit schien ihm bald der, bald dieser, bald
      Der dritte, - sowie jeder sich mit ihm
      Allein befand, und sein ergießend Herz
      Die andern zwei nicht teilten, - würdiger
      Des Ringes; den er denn auch einem jeden
      Die fromme Schwachheit hatte, zu versprechen.
      Das ging nun so, solang es ging. - Allein
      Es kam zum Sterben, und der gute Vater
      Kömmt in Verlegenheit. Es schmerzt ihn, zwei
      Von seinen Söhnen, die sich auf sein Wort
      Verlassen, so zu kränken. - Was zu tun? -
      Er sendet ihn geheim zu einem Künstler,
      Bei dem er, nach dem Muster seines Ringes,
      Zwei andere bestellt, und weder Kosten
      Noch Mühen sparen heißt, sie jenem gleich,
      Vollkommen gleich zu machen. Das gelingt
      Dem Künstler. Da er ihm die Ringe bringt,
      Kann selbst der Vater seinen Musterring
      Nicht unterscheiden. Froh und freudig ruft
      Er seine Söhne, jeden insbesondre;
      Gibt jedem insbesondre seinen Segen, -
      Und seinen Ring, - und stirbt. - [...]

      Denn was noch folgt, versteht sich ja von selbst. -
      Kaum war der Vater tot, so kömmt ein jeder
      Mit seinem Ring´, und jeder will der Fürst
      Des Hauses sein. Man untersucht, man zankt,
      Man klagt. Umsonst; der rechte Ring war nicht
      Erweislich; - (nach einer Pause, in welcher er des Sultans Antwort erwartet)
      Fast so unerweislich, als
      Uns itzt - der rechte Glaube.

      SALADIN. Wie? das soll
      Die Antwort sein auf meine Frage?...

      NATHAN. Soll
      Mich bloß entschuldigen, wenn ich die Ringe,
      Mir nicht getrau zu unterscheiden, die
      Der Vater in der Absicht machen ließ,
      Damit sie nicht zu unterscheiden wären.

      SALADIN.
      Die Ringe! - Spiele nicht mit mir! - Ich dächte
      Dass die Religionen, die ich dir
      Genannt, doch wohl zu unterscheiden wären.
      Bis auf die Kleidung; bis auf Speis und Trank!

      NATHAN. Und nur von Seiten ihrer Gründe nicht. -
      Denn gründen alle sich nicht auf Geschichte?
      Geschrieben oder überliefert! - Und
      Geschichte muss doch wohl allein auf Treu
      Und Glauben angenommen werden? - Nicht? -
      Nun wessen Treu und Glauben zieht man denn
      Am wenigsten in Zweifel? Doch der Seinen?
      Doch deren Blut wir sind? doch deren, die
      Von Kindheit an uns Proben ihrer Liebe
      Gegeben? die und nie getäuscht, als wo
      Getäuscht zu werden uns heilsamer war? -
      Wie kann ich meinen Vätern weniger,
      Als du den deinen glauben? Oder umgekehrt. -
      Kann ich von dir verlangen, dass du deine
      Vorfahren Lügen strafst, um meinen nicht
      Zu widersprechen? Oder umgekehrt.
      Das Nämliche gilt von den Christen. Nicht? -"

      Falls Euch schonmal ähnliche Texte in die Hände gefallen sind, ist das hier der Ort sie zu posten, egal ob kurz oder lang, ernst oder witzig, neu oder alt... teilt mit und die "Weisheiten" die sie zu vermitteln haben.

      Grüße vom "belesenen" :P

      Sirius
      Vince te ipsum!

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Sirius ()

    • naja, diese einzelnen zitate sind eh das beste von büchern... zumindest seh ich das so, was aber auch daran liegen kann, dass ich nie ganze bücher lese :rolleyes:
      "Und ein sozialkritisches Schlagzeugsolo später ist es soweit: Making disco a threat again. Wow. Und zu 72% geschmacksicher erklärst du jedem, dass ultramarinblau bedeutender ist als aquamarinblau. Und alle glauben es dir. Vorausgesetzt: die Nasenscheidewände halten."
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