Die Leiden des jungen Henkers

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    • Die Leiden des jungen Henkers

      Wieder mal juckte es mir in den Fingern und ich begann eine neue Geschichte. Sie ist bei weitem noch nicht fertig, es gibt genug Rechtschreib. - und Grammatikfehler für alle und sie ist eine der weinigen Geschichten, die ich in der „Ich“-Perspektive schreibe.
      Ich möchte jedoch einfach eure Meinungen hören/lesen, ob sich das Weiterschreiben lohnt bzw. was nicht so gut an der Geschichte ist.
      Also, immer heraus mit der Kritik!

      Die Leiden des jungen Henkers

      Es war ein sehr harter Sommer, die Bauern meinten sogar, dass er härter als der vorige war. Sogar der Keller in dem wir uns versammelt hatten bot keinen Schutz, sodass uns der Scheiß einem Sturzbach gleich von unseren Leibern rann. Am schlimmsten war es bei dem Müller, der in unserer Mitte war. Der Schweiß vermischte sich mit Tränen und rann durch die vielen offenen und halbherzig versorgten Wunden des Mannes. Er zitterte fast so, wie in einer kalten Wintersnacht, doch war es nicht die körperliche Kälte einer Winternacht, sondern die geistliche Kälte des bevorstehenden Urteils.
      „Wirst du gestehen?“, fragte der Mittlere der rot gekleideten Männer. Er erwartete eine klare Bestätigung, so wie sie immer nach der hochpeinlichen Befragung eines Angeklagten kam. Die drei Roten waren Abgesandte des Papstes, Männer der Inquisition und das höchste Gericht.
      Schluchzend grunzte der Müller ein Wort der Bestätigung. Hätte er verneint, so hätte seine Marter noch länger angedauert.
      „Bereust du deine Sünden und bist du bereit, dem Teufel abzuschwören und dich zurück in die gnädigen Arme Gottes zu begeben? Bedenke, es geht um dein Seelenheil!“, es war eine kalte Drohung, die keine Widerworte zuließ.
      Wie schluchzte der Mann auf, zu mehr war er nicht mehr fähig. Männer wie ihn, sah ich schon oft, zu oft. Sie alle wurden von ihren Mitmenschen angeklagt, in manchen Fällen wurden sie jedoch von den Kommissaren der Inquisition überführt. Waren sie nicht geständig, wurden sie gefoltert, bis sie es waren. In manchen, sehr seltenen Fällen, gab es sogar einen Freispruch, doch meistens war es an mir, das Leben der Armen Seele zu beenden.
      Ich bin Joseph, doch jeder nennt mich verächtlich Meister Hans. Ich bin Nachrichter und Meister der Folter. Auch in diesem Fall war ich es, der dem Müller die Haut zerschinden und die Knochen zerbrechen musste, nur weil jemand meinte, der Müller hätte das Mehl verhext, damit es schnell verderbe. Der Kläger war der Knecht und Sohn des Müllers, der den Besitz seines Vaters und Meisters erben würde.
      Das Urteil wurde gefällt: Der Müller würde den Flammen übergeben. Die Inquisitoren ließen jedoch Gnade aufgrund seines Geständnisses und seiner Reue währen und ordneten an, dass ich im die Kehle zerschneiden soll, sobald der Delinquent an den Pfahl des Scheiterhaufens gebunden war. Die Vollstreckung wurde zu morgen Abend festgesetzt.
      Mit einem Nicken zog ich mich zurück, um die nötigen Vorbereitungen zu treffen. Ich musste Holz zu einem Scheiterhaufen zusammentragen. Die Obrigkeit ließ eine kleine Lagerhütte direkt am Rabenstein herrichten, wo sich auch alle meine Instrumente, die ich zur Urteilsvollstreckung jeglicher Art benötigte, befanden. Vor der Tür wartete schon mein Knecht, der mich erwartungsvoll und mit einem glasigen Blick ansah.
      „Feuertod“, murmelte ich zu ihm. Mein Knecht war ein Hüne von einem Mann, doch er hatte den Verstand eines Kleinkindes. Er hatte nie den Sinn seiner Existenz, oder die eines Anderen verstanden und ich verstand ihn wohl auch nicht.
      Er wurde mit schwachem Geist geboren und von seinen Eltern verstoßen. Er wurde vor die Stadtmauern geworfen und seinem Schicksal überlassen. Wie ähnlich sich unsere Schicksale doch waren.
      Mein Vater nahm ihn damals bei uns auf und behandelte ihn, wie einen eigenen Sohn und gab ihm einen Namen: Matthias. Mein Vater selbst war Henker, wie auch schon mein Großvater und mein Urgroßvater, der durch einen Mord in Ungnade fiel und zum Henkerdasein verdammt wurde. Ein Urteil, dass für alle seine Ahnen gelten würde, mich eingeschlossen.
      Dieses war auch der Grund, weshalb ich keine Frau und keine Kinder hatte. Eine ehrliche Frau hätte ich eh nicht heiraten dürfen, nur Bettelweiber und Hübschlerinnen waren Standesgemäß. Doch auch diesen Weibern wäre es ein Graus gewesen, wenn sie den Henker zum Gatten hätten.
      Seit Vater verstorben war, fiel mir sein blutiges Handwerk zu. Er hatte mich seit meiner Kindheit ausgebildet, in der „Kunst“ der Folter und der Hinrichtung. Er zeigte mir, wie ich die verschiedenen Apparaturen einzusetzen hatte, wie ich das Richtschwert zu führen hatte und er hatte versucht, mich zu lehren, dass ich nur das Werk Gottes tat. Das gab mir immer Kraft.
      Muter war eine Hübschlerin gewesen. Ich hatte nie erfahren, wie sie in diesen stand kam. Doch auch sie lehrte mich einiges. Sie war eine Kräuterkundige Frau, die großes Wissen im Bereich der Heilungen hatte, für die Gebete allein nicht reichten. Ich lernte das Herstellen von Salben und Tinkturen, die den von Vater und mir Gemarterten Linderung und neue Lebenskraft schenkten und die Kranken oftmals eine Heilung verschaffte.
      Brüder hatte ich keine, nur Matthias als Spielkameraden meiner Jugend und als Knecht im Alter. Oftmals beneidete ich ihn, denn ihn störte mein Handwerk nicht. Er verstand es einfach nicht, es war für ihn nur ein Spaß. Seine Augen leuchten immer, wenn er das Feuer der Scheiterhaufen beobachtet. Die Seele, die darinnen zermatert wird, nimmt er nicht war. Anders sind da die Bürger, die das große Schauspiel begaffen und, teils begeistert, teils beängstigt, das heilige Urteil verfolgen.
      Zusammen trugen wir das Holz zusammen und schichteten es um eine dicken Pfahl auf. Unter dem Holz und dazwischen legten wir Stroh, um dem Feuer bessere Nahrung zu geben. Das reinigende Feuer nannte es der Priester unserer Stadt. „Wasser wäscht unsere Haut, doch eine sündige, schwarze Seele kann nur durch Feuer gereinigt werden“, meinte er zu den Predigten, die er auf dem Richtplatz hielt.
      Dort verlas er auch immer ein paar Verse aus dem Buch der Bücher. Es waren die einzigen Momente, in denen ich den Worten Gottes lauschen durfte, denn wurde ich verjagt und mir der Zutritt durch die Bürger verwehrt. Die Bürger meinten, ich wäre ehrlos und würde Gott nur durch meine Anwesenheit in seinen heiligen Hallen verärgern, ich, der doch sein Urteil vollstreckte!
      Als wir unsere Arbeit verrichtet hatten, war schon der Abend angebrochen. Wir machten uns auf den weg, vor die Tore der Stadt, wo sich unser Heim befand. Auf dem Weg begegnete uns ein altes Weib, wohl dem Bürgertum angehörig. Es beschimpfte uns und spuckte uns an. Mörder wären wir, ehrlos, ohne Recht auf die Gnade des allmächtigen Gottes. Ich hatte schon zu oft eine solche Behandlung erfahren, als das sie mich erzürnet hätte.
      Vor dem Tor fand Matthias eine von einem Wagenrad überrollte Katze und sammelte sie sogleich auf. Jedes tote Tier, auf das nicht jemand anderes Anrecht hatte, wurde von uns aufgesammelt und um sein Fell, seine Haut und dem, was man sonst von ihm gebrauchen kann, gebracht.
      Uns wurde die Gnade zuteil, uns nicht nur als Scharfrichter, sondern auch als Abdecker verdingen zu dürfen. Das Fell einer Katze brachte uns ein paar Pfennig ein, der Rest des Tieres war nicht zu gebrauchen. Das Haarkleid von Herrn Murner wird uns immer von einem Bader abgekauft, der den Katzenpelz für viel Geld weiterverkaufen würde, als Linderung bei Rheuma.
      An unserer Hütte angekommen, machte sich Matthias, mein getreuer Gefährte, sogleich an das Häuten des Tieres. Die Zottel der Katze hing er zum trocken aus, den Körper trug er in das Haus. Es würde unsere Mahlzeit sein, denn Fleisch war rar und teuer, also nahmen wir, was wir bekommen konnten. Ich hätte auch kein Fleisch auf dem Markt erwerben können, denn dort war ich verpönt, so wie ich es überall war. Alles was ich konnte, pflanzte ich selbst an und erntete es, wenn es denn nicht vorher von Jemand zerstört wurde. Doch gab es auch Dinge, die ich nicht selbst anbauen und ernten konnte. Zum Glück hatte es der Herr im Himmel gefügt, dass sich eine der Stadtwachen unserer erbarmte und uns das nötigste besorgte, auch wenn ich dafür immer eine um einiges höheren Wert bezahlen musste, als er es auf dem Markte tat.
      Ich nahm das Viech aus. Das Geschlinge der Därme was nicht zu gebrauchen, ebenso die Blase. Ich warf es in einen Eimer, den Matthias sogleich nahm und zu dem anderen Unrat in unserem Garten brachte. Die restlichen Eingeweide nahm ich auch heraus und legte sie in einen Gusseisernen Topf. Den Körper warf ich dazu, goss Wasser herauf und setzte den Topf auf das Feuer.
      Es war ein widerliches zähes Fleisch, doch war es besser, als der übliche Brei, den wir sonst verzehrten.
      Matthias war der Geschmack meist egal, solange genug da war, dass er sich den Wanst füllen konnte. Er vertilgte selbst Ratten, die es zu vielfacher Zahl in der Stadt gab.
      Unsere Hütte bestand nur aus einem Raum, der Küche, Schlaf. – und Wohnraum zugleich war. Genaugenommen bestand die Küche nur aus einer Feuerstelle die gleichzeitig mein Kamin war und einem Dreibein, an dem der Kochtopf gehängt war. Auch war die Feuerstelle im Winter die einzige Lichtquelle, denn die Fenster verhängten wir mit Tierhäuten, um die Kälte fern zu halten. Im Sommer konnten die Sonne und der Mond ungehindert durch die Läden blicken.
      Unsere Betten hatte Vater gezimmert. Auch damals waren es nur zwei, für mehr war kein Platz und außerdem hatten wir kein Geld für mehr Material um ein Weiteres zu bauen. Doch hatten die hohen Herren immer genügend Geld für neues Folterwerkzeug und genügend Material, für Galgenbäume, Räder und sonstiges Marterzeug. Stroh war unsere Matratze und unser Kissen, Felle waren unsere Decken.
      Im Zentrum befanden sich ein einfacher Tisch und zwei Hocker. Mein kleiner Stolz war ein kleines Bücherregal, in denen sich sogar ein Buch und einige Rollen Papier befanden.
      Geld für Bücher hatte ich zwar keines, doch durfte ich die Dinge, die der Delinquent am Leib trug, haben, wenn sie denn nicht zu Wertvoll war. Die Kleider der Frauen verkaufte ich dann an die Huren, die der Männer an fahrendes Volk, dass genauso ehrlos war, wie ich selbst. Ab und zu hatte die Arme Seele ein Papier bei sich. Es waren meist obszöne Kritzeleien von Menschen, oder von Wesen, die ich nur aus den Geschichten, die mir Vater, als ich noch klein war, erzählt hatte, kannte. Doch einmal trug jemand ein richtiges Buch bei sich. Auf dem Einband befand sich ein Kruzifix. Es war also das Buch des Herrn im Himmel. Es war fortan mein wertvollster Besitz.
      Jeden Abend blätterte ich in ihm, obwohl ich nie gelernt hatte, wie man liest oder wie man schreibt. Matthias sah mich dann immer mit bewundernden Blicken an, da er wohl dachte, dass ich den schwarzen Lettern einen Sinn abgewinnen konnte.
      Doch ich saß nur da und betrachtete jede Seite. Ich prägt sie mir ein, in der Hoffnung, dass der Herr es mit wohlwollen sah und es ihn gnädig stimmte. Ich konnte zwar seine Worte nicht lesen, doch wollte ich sie wenigstens als Bild erfassen.
      Wenn ich dann zu müde wurde, begab ich mich in mein unbequemes Nachtlager und ruhte bis zum ersten Hahnenschrei.
      mors est quies viatoris
      finis est omnis laboris
      mors est quies
    • Für mich gilt dasselbe.
      Ich denke, dass du im Schreiben selbst dich verbesserst und würde es gut finden wenn du die Geschichte zu Ende bringst. Der Inhalt des Textes sticht durch die vielen Informationen und Details hervor, die Betrachtung überwiegt im Vergleich zu der Handlung. Dadurch entsteht ein gewisser Noir-Effekt, den ich gut finde zumal ich nicht denke, dass er auf Krimis und Western beschränkt sein sollte.
      Also, man kann aus dem Text bisher noch nicht gänzlich erschließen wohin du den Leser führen wirst. Die Beschreibung der Lebensumstände des unehrlichen Berufsstandes der Henker ist dir bestimmt sehr gut gelungen, wobei ich als themenbezogener Laie keine gute Urteilskraft bin. Was Fiktion oder historisches Detail ist kann ich nur vermuten. Ob das nun ein gutes Zeichen ist lässt sich für mich schwer sagen aber ich bewerte es als positiv, da sich die Elemente für mich eher nahtlos aneinanderfügen. Insofern liest es sich für mich auch nicht zäh was anhand beschreibungsorientierter Texte manchmal vorkommen kann. Du hast dir meiner Meinung nach einen sehr interessanten Hintergrund für deine Geschichte ausgesucht und bin interessiert wie sich die folgende Handlung darin einfügt. In welchem Jahrhundert spielt sich die Lebensgeschichte des Henkers denn genau ab? Am Anfang war ich bezogen auf die Inquisition etwas skeptisch. Ich denke, dass es allgemein schwer sein kann die Inquisition darzustellen ohne zumindest hin und wieder plakativ zu werden. Ich wunderte mich, dass die Abgesandten Roms persönlich bei der Verurteilung des Müllers erschienen. Die Inquisition war, soweit ich mich hoffentlich richtig erinnere, eher mit der Aufspürung der Ketzer betraut, oder? Ich meine, dass Hexerei gemeinhin mehr als weltliches Verbrechen geahndet wurde.
      Und ich gehe doch richtig davon aus, dass die Inquisition nicht allein wegen des Müllers aus Rom angereist ist? Bei Abgesandte des Papstes habe ich das zuerst falsch verstanden glaube ich. Also, sie haben schon vorher andere Menschen dort vor Ort verurteilt?
      Von der Irritation abgesehen finde ich den Text sehr gut und du kannst dabei sicher noch Einiges ausbauen.
      Mea Culpa: "Ich glaube, du bist von uns Beiden der mit den vielen Ideen..."
      Lord Syn: " Und du der, der sie nicht umsetzt!"
    • Warst es nicht du, Ragnar, der einst sagte, er könne nicht in Ich-Perspektive schreiben?
      Da hat sich wohl jemand unterschätzt!
      Ich halte das doch für einen sehr gelungenen Einstieg. :)
      Bin mal gespannt was da noch kommt.

      mfg
      Grave
      Denn die Fäulnis gebiert gräueliches Leben und die trägen Aasfresser des Erdreichs wachsen tückisch, es zu quälen und wuchern grässlich, es zu schinden.

      Gewaltige Löcher werden insgeheim gegraben, wo die Poren der Erde genügen sollten,

      und Dinge haben zu gehen gelernt, denen zu kriechen gebührt!

      [right]H.P.Lovecraft - "Das Fest" [/right]
    • Vielen Dank, euch drein!

      @ Mea Culpa

      Nun letzten Endes versuche ich, ein kleines Kammerspiel zu erzeugen, der Noir-Effekt kam eher unbewusst, ist mir aber mehr als recht.
      Wie du jedoch schon sagtest, ist das Hauptproblem, dass der nicht Fachkundige Leser tatsächlich nicht weiß, was tatsächlich historisch belegbar ist und was davon nur meinem Schädel entfleucht ist. Nun, ich versichere dir, dass ich versuche, komplett historisch zu bleiben, da ich versuche, den Henker nicht als kaltblütiger Mörder zu beschreiben, sondern nur als ein weiteres Opfer, das vom Wahn und der Gier des Menschen nach Vergeltung und Rache und zum Teil vom überreligiösen Eifer einiger „Christen“ (und auch von vielen, vielen anderen Religionen) erschaffen wurde.

      Zur Historie: Henker wurde meist zwangsrekrutiert, sie waren oft selbst Mörder und Verbrecher, von denen man annahm, dass ihnen töten und foltern nicht ausmachen würde. Oft stimmte dies auch. Den Kindern des Henkers war es meist nicht möglich, den Berufsstand zu wechseln, entweder war es ihnen gesetzlich verboten und noch öfter war ihr Ruf schon so zerstört, das niemand anderes sie haben wollte. So war es auch mit den Besorgungen, die ein Henker machen musste: Theoretisch durfte er auf den Markt, um dinge zu kaufen, doch oft wurde er wieder vom Markt verjagt, bekam nur schlechte Waren und/oder musste das doppelte Bezahlen. Auch durften Henker die heilige Messe besuchen, doch hatte ich oft Berichte in Chroniken gelesen, die besagen, dass der Scharfrichter wieder von den Bürgern verjagt wurde.
      Jedoch muss ich zugeben, das nicht jeder Henker arm war, im Gegenteil, viele brachten es zu einem kleinem Vermögen, doch hatten sie selten die Gelegenheit, ihr Geld auszugeben. Es gab nirgends „Tarifverträge“ für Henker, also verdiente man überall anders. Je nach „Tarifzone“ und „Tätigkeitsumfang“ schwankte der Reichtum des Henkers. Er durfte sich aber immer etwas dazu verdienen, u. a. (wie von mir in der Geschichte erwähnt) als Abdecker oder auch als Hengstbeschneider und ähnliche Aufgaben, die sonst keiner erledigen wollte.
      So, ich hoffe, ich konnte einiges historisches Aufklären.

      Zugegeben hatte ich nicht vor, ein Jahrhundert anzugeben, da ich befürchte, dass man mich an der Historie, die um die Geschichte spielt, festnageln wird. So hab ich noch immer den Freiraum, für laienhafte Ausführungen.
      Natürlich ist die Inquisition nicht wegen dem Müller in der Stadt, aber den genauen Grund werde ich noch aufklären. Ich hatte auch nicht beabsichtigt, die Inquisitoren zu plakativ darzustellen, waren sie doch oftmals sogar darum bemüht, dem Hexenwahn Einhalt zu gebieten. Doch ihr Problem waren die von ihnen selbst eingesetzten Hexenkommissare, die immerzu, mit freudigem Eifer, jeden Fall der „Hexerei“ zu ihnen trugen. Außerdem trug das Volk ja auch seinen Teil bei, sodass sich die Inquisitoren oftmals dem Wahn der Menschen beugen mussten, um nicht selbst Opfer der Lynchjustiz zu werden.

      @ Graverunner
      Ich wundere mich selbst, wie leicht mir hier die Ich-Perspektive von der Hand geht. Wenn ich es mit dem „Tagebuch eines Zombies“ (nicht vollendet) vergleiche, wundere ich mich noch mehr...
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    • So, hier die Fortsetzung. Kritik (ob positiv oder negativ ist mir gleich) ist dringlichst erwünscht:

      So war es auch diesen Abend, doch riss mich ein Pochen an der Tür aus meinen Albträumen. Ich blickte zu Matthias, doch er schlief friedlich. Manchmal glaubte ich, dass ihn nicht einmal das jüngste Gericht wecken konnte, wenn er einmal schlief.
      Gähnend warf ich meinen Körper aus dem Nachtlager und wankte zur Tür. Mein nächtlicher Besucher pochte nochmals an meine Tür. Ich schüttelte den Kopf über solche Ungeduld und über den Besuch, zu solch unchristlicher Uhrzeit.
      Als ich die Tür öffnete, blickte mich ein Mann ungeduldig an. Er trug edle Kleider, doch nicht so edel, wie die eines Adligen. Er war also entweder ein reicher Kaufmann, oder ein Bote eines Adligen.
      „Endlich öffnet Ihr, mein Herr!“, meinte er mit ungeduldigen und abwertenden Tonfall. Ich wunderte mich etwas, dass er mich in der Höflichkeitsform ansprach, war ich es doch gewohnt, angespuckt und beleidigt zu werden.
      Er räusperte sich kurz: „Entschuldigt die Störung zu solch später Stunde, doch mein Herr hielt es nicht länger aus. Ich hoffe Ihr könnt ihm helfen!“
      Helfen? Es konnte sich nur darum handeln, dass er eine Salbe benötigte, die ihm der Bader nicht mischen konnte oder wollte, nahm ich an. Ich bedeutete dem Boten in seiner Rede fortzufahren.
      „Nun, leider hat sich mein Herr eine Krankheit in seinem ...“, er bekam einen roten Kopf und brach ab.
      Ich verstand sofort und begann zu lachen, denn war doch des Nachts zuvor eine der Pfennighuren vor meiner Tür und hatte das selbige Problem. Der Geiz der hohen Herren war doch verblüffend, hatte ich doch angenommen, dass sie sich kostspieligere Mätressen leisten konnten. Es überkam dem Herrn wohl überraschend, schlussfolgerte ich.
      Ich ging kurz in meine Hütte und suchte die entsprechende Salbe und brachte sie dem Boten. Dieser war anscheinend dankbar, dass ich nicht weiter nach seinem Auftraggeber oder seines Dilemmas fragte.
      „Euer Herr soll die Salbe zweimal täglich auftragen. Sollte ihm wieder erwarten die Lust plagen, so soll er sich eine Schlangenhaut überziehen, sonst steckt er womöglich noch weitere Menschen an.“, ich nickte ihm zu und klopfte ihm auf die Schulter. „Er wird noch eine Zeitlang starke Schmerzen beim Wasser lassen verspüren, er sollte also nur gehen, wenn er nicht mehr anders kann, aber ich denke, er wird schon selbst so schlau sein.“
      Ich verschwieg ihm, dass ich auch eine Salbe gegen die Schmerzen gehabt hätte. Mich belustigte es einfach, dass der Adel nicht besser war, als ein üblicher Bauer.
      Der Bote nickte eifrig und zog bald von dannen. Ich beobachtete, wie seine Silhouette mit dem Dunkel der Nacht verschmolz. Als er nicht mehr in sichtweite war, prustete ich los. Ich schloss wieder die Tür und schüttelte nur den Kopf.
      Mein Nachtlager war noch war und Matthias noch nicht wach. Die Nacht war schon alt und bald würde der neue Tag anbrechen. Ich legte mich wieder hernieder und versuchte noch ein wenig zu schlafen, denn morgen würde wieder ein schlechter Tag werden.
      Ich schloss die Augen. Wie immer erschienen die Gesichter derer, dich der hochpeinlichen Befragung unterziehen musste, die Gesichter derer, die ich als Bestrafung verstümmeln musste, die Gesichter derer, denen ich den Tod geben musste. Ihre leeren, toten Augen blickten mich vorwurfsvoll an. Ihre gesprungenen, blauen Lippen schrien mich stumm an. Ihre kalten Hände rissen an meinem Leib, sie gierten nach mir, sie wollten Vergeltung. Niemand von ihnen würde mir verzeihen, für das was ich tun musste. Niemand verzieh mir, dass ich nur das Urteil derer, die für Gott sprachen, für ihn richteten, vollstreckte. Ihre Nägel fraßen sich in meine Haut und zerrissen die Hülle, die meine Knochen verbarg.
      Mit einem Schrei wachte ich schweißgebadet auf. Ich musste mich erst umsehen, denn ich war nicht sicher, ob das Erwachen noch zum Traum gehörte, oder ob es real war. Diese Träume kannte ich zur Genüge, ich kannte jedes Gesicht, welches darin vorkam. Oftmals neckte mich ein Traum und in dem Augeblick, in dem ich dachte, dass ich es ausgestanden hatte, brachen die Toten durch meine Tür und rissen meinen Leib entzwei.
      Es geschah nichts, ich war also tatsächlich wach. Die Sonne brannte unbarmherzig durch das Fenster, als wolle sie mich ob meines Traumes verhöhnen.
      Ich stand auf und bereitete den Hirsebrei vor. Matthias war schon erwacht, doch nicht aufgestanden. Wie immer wartete er damit, bis ich aufstand. Wie immer sprang er auf und stürmte aus der Tür, um seine morgendliche Notdurft zu verrichten.
      Nachdem auch ich meine Notdurft verrichtete und wir anschließend den Brei aßen, kleideten wir uns an und begaben uns in die Stadt.
      Am heutigen Tage würde ich einen Wanderprediger der hochpeinlichen Befragung unterziehen müssen. Wegen ihm war die Inquisition überhaupt in die Stadt gekommen, doch als sie angekommen war, fiel den Bürgern ein, dass ihre Verwandten und Nachbarn mit dem Teufel im Bunde sein mussten. Eine Hebamme war schuld, dass das Weib des Hufschmieds eine Todgeburt erlitten hatte. Ich musste sie dem Feuer übergeben, nachdem sie nach der Folter alles gestand, wessen sie beschuldigt wurde. Diese kleinen Verhandlungen hielt die Inquisition auf, doch die Gesandten des Papstes nahmen sich der Klagen gewissenhaft an und richteten nach Gottes Willen, so wie sie es nannten.
      Der Priester wurde Pater Stephan genannt. Er war ein ehemaliger Franziskaner, der für das Priesteramt studiert und es auch erreichte. Doch predigte er in keinen Kirchen, seine Kirche war überall. Ein Frevel, wie die Gottesmänner meinten. Er predigte auch für die Menschen, die die Kirche verstoßen hatte, ja, er vermählte sie sogar. Auch forderte er vom heiligen Stuhl sein Geld den Armen zu vermachen und in Armut und Demut zu leben. Der heilige Vater sollte sogar öffentlich Buße für seine Sünden tun.
      Den Priestern unserer Stadt missfielen diese Dinge, denn sie könnten ja nur vom Teufel höchstpersönlich stammen. Ja, der Pater Stephan musste besessen, wenn nicht sogar mit dem Antichrist im Bunde sein!
      Sie forderten den Büttel auf, den Pater in Gefangenschaft zu nehmen und informierten die Inquisition. Nun lag es an mir ihn zu Foltern, wenn er nicht gestand um so die Wahrheit aus ihm heraus zu pressen.
      Ich hatte den Pater vorher nicht zu Gesicht bekommen, denn ich sah die armen Seelen nur, wenn ihre Zeit gekommen war.
      Der Scheiterhaufen für den Müller war bereit. Am Abend würden ich ihn nur noch mit Öl begießen und anzünden müssen. Ich war erleichtert, dass dem Mann die Gnade zuteil wurde, dass ich seine Gurgel vor dem Feuertod zerschneiden musste. Ich habe schon viele lebendig dem Feuer übergeben müssen, ihre Schreie werden mir noch bis zu meinem Lebensende in den Ohren hallen. Doch es waren genau diese Schreie, an denen sich die Bürgen zu erfreuen schienen. Einige kratzten am nächsten morgen sogar noch etwas Asche zusammen, so soll sie doch gegen allerlei Krankheit helfen. Einige von ihnen ereilte genau aus diesem Grund dasselbe Schicksal, welches der armen Seele zuvor zuteil wurde. Gott musste Ironie lieben...

      Die Anklage fand wie immer ohne mich statt, es wäre auch unnütz gewesen, wenn ich der Verhandlung beigewohnt hätte. Das einzige, was bedeutend war, dass der Pater, wie erwartet, nicht geständig war. Ich wartete im Keller der Festung, in dem meine Ausrüstung und meine Maschinen untergebracht waren. Wie immer würde der Delinquent zu mir in den Keller geführt werden, wie immer würde ich ihm die Maschinen vorführen müssen, denen er ausgesetzt sein würde, wenn er nicht gestand. Ich betete für uns beide, dass er gestehen würde, denn so würde man ihm und mir viele Leiden ersparen.
      Es war soweit, mit einem Quietschen öffnete sich die Tür zu meinem Keller. Wie immer hatte ich meine Kapuze angelegt, um mich vor dem bösen Blick zu schützen und um meine Tränen zu verbergen.
      Nun sah ich den Pater zum ersten Mal. Er war dreckig und im Lumpenkleid, doch schritt er würdevoll neben dem Büttel, als würde er im feinsten Gewand zur heiligen Messe schreiten. Vater Stephan und dem Büttel folgten die Gesandten des Papstes, in ihren feinen roten Mänteln, doch wirkten sie neben dem Pater nur wie Bauern, die sich als Inquisitoren verkleidet hatten.
      „Dem Pater Stephan wurde die Folter aufgrund seines Ungeständnisses zuerkannt. Ihr werdet ihm euere gesamte Kunst zuteilwerden lassen, bis er denn gesteht!“, verkündete der oberste der Abgesandten.
      Ich verbeugte mich kurz, wobei meine Augen stets auf den Pater gerichtet waren. Er wirkt nicht beunruhigt, seine stolze Mine zeigte keine Regung. Seine Blick veränderte sich auch nicht, als ich im die Maschinen vorführte und ihm erklärte, wie sie ihn martern würden. Vor und nach jeder Vorführung wurde der Vater Stephan gefragt, ob er nicht doch gestehen wolle, doch er blieb eisern. Ich bewunderte seinen Mut und Stolz.
      Die Inquisitoren verabschiedeten sich, sie würden der Folter nicht beiwohnen. Sie gingen und ließen der Pater, den Büttel und mich allein. Da ich wusste, dass der Büttel selbst nie einer hochpeinlichen Befragen beiwohnen wollte, wartete ich ein paar Minuten, damit er sich, ohne von Iro Gnaden der Inquisition bemerkt zu werden, in sein Quartier bewegen konnte.
      Nun war ich mit dem Pfaffen allein, denn Matthias ließ ich nie einer Folter beiwohnen. Er würde nicht verstehen, was ich dem Mann gerade antat, er würde es für ein Spiel halten und so vielleicht Gott erzürnen. Meine Seele war verdammt, doch sollte wenigstens er in Gottes Schoß einkehren können.
      „So walte deines Amtes, mein Sohn“, riss Pater Stephan mich sanft aus meinen Gedanken. „Sollen sie glauben, dass ich des Antichrists Worte predige, der Herr wird ihnen vergeben.“
      „Ja, er wird ihnen vergeben, denn sie sind seine irdische Vertretung“, erwiderte ich, fast mechanisch, denn man hatte mir diesen Satz jahrelang gepredigt. Mich jedoch würde der Herr in die Hölle verbannen, fügte ich in Gedanken hinzu.
      Er lächelte sanft. Er schien nicht über mich, sondern ob der Worte die ich sprach zu lachen, doch er sagte vorerst nichts.
      So begann ich mit meinem Handwerk. Bald war die Unterirdische Kammer gefüllt mit des Pfaffen schmerzerfüllten Klagen, doch er gestand weiterhin nichts. Daumenschrauben, spanische Stiefel und die heißen Eisen, es half nichts.
      Selbst mit seinem verschwitzten und gemarterten Körper verstrahle er die Würde der heiligen Märtyrer. Doch er hart geschunden, er würde alsbald in Ohnmacht fallen, wenn ich fortfahren würde. So band ich ihm die Arme hinter dem Rücken zusammen und hob ihn mit einem Flaschenzug vom Boden. Seine Schultern drohten aus den Gelenken zu springen und er Ohnmächtig zu werden, also ließ ich ihn wieder hernieder, doch seine Arme gebunden.
      Ich verschwand aus dem Keller und gab Matthias zu verstehen, dass er Verbände und meine Salben holen solle, dann ging ich wieder hinab. Vater Stephan hatte sich wieder gefangen und war noch immer bei Bewusstsein.
      Er blickte auf zu mir und lächelte mir wieder sanft zu: „Schone mich nicht, mein Sohn. Ich mag zwar ein Priester sein, doch bin ich auch nur ein Mensch, so wie jeder andere, denen du Leid zufügen musstest.“
      „Ich schone Euch nicht, Vater. Ihr dürft nicht durch die Folter sterben, ich will also Eure Wunden versorgen, so wie ich es jeder armen Seele zuteil werden lasse.“
      Er nickte und schloss die stahlblauen Augen. Ich betrachtete ihn wieder. Anders als die Priester die ich kannte, kam sah er ausgezehrt aus. Er hatte keine fetten Wanst, sondern er zeigte deutlich die Entbehrungen des Hungers. Sein Haar wurde schon langsam grau, sein Gesicht war ausgemergelt und blass und dennoch, er schien etwas Ehrfurchtgebietendes auszustrahlen.
      Alsbald erschien auch Matthias mit der Verbänden und den Salben.
      mors est quies viatoris
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