(14) Jesus sprach zu ihnen: Wenn ihr fastet, werdet ihr euch eine Sünde zuschreiben; und wenn ihr betet, werdet ihr verdammt werden; und wenn ihr Almosen gebt, werdet ihr Böses an eurem Geist tun.
Wenn ihr in irgendein Land eintreten werdet und in den Gebieten wandert, wenn man euch empfängt, dann esst, was auch vorgesetzt wird; heilt die unter ihnen, die krank sind. Denn das, was in euren Mund hineingeht, wird euch nicht beflecken; aber das, was euren Mund verlässt, das ist es, was euch beflecken wird.
Hier wird noch einmal Bezug genommen auf die Frage der Schüler aus Logion (6), und wie schon dort erfolgt auch hier eine mehr als deutliche Absage an die klassischen Reinheitsgebote des Fastens, Betens und Almosengebens. Der religiöse Revolutionär sagt: Shit on it!
In Logion (6) hat er geantwortet: "Lügt nicht! Und das, was ihr haßt, tut nicht!" In diesem Sinne ist wohl auch Logion (14) aufzufassen: Es ist eine klare Negation der üblichen religiösen Heuchelei, bei der durch Einhaltung vorgegebener Vertragsbedingungen der 'Deal mit der Höheren Macht' erfüllt werden soll.
Christus bezeichnet die klassischen Tugenden des religiösen Menschen hier nicht nur als sinnlos, sondern explizit als schädlich, als 'sündig'. Gemeinsam ist ihnen die zugrundeliegende Selbstbezogenheit bei gleichzeitiger vordergründiger 'selbstloser' Haltung - ergo mangelt es an persönlicher Kongruenz, die Christus offenbar höher geschätzt hat als die verlogene 'spirituelle Korrektheit' nicht nur seiner Zeit.
Wenn wir uns die Elemente der Trias nun im einzelnen ansehen, läßt sich in jedem Fall festlegen, was er wohl kotzig daran gefunden haben könnte:
Fasten ist - mit der Ausnahme einer medizinischen Indikation für eine gewisse Diätform - eine absolut dämliche Handlung, deren einziger Sinn nur darin besteht, dem eigenen Affen Zucker zu geben. Seine Beliebtheit bei der Vorbereitung von Ritualhandlungen liegt nicht in der dadurch erzielbaren 'körperlichen Reinheit' begründet, sondern darin, daß durch Hunger und Autosuggestion das Erreichen von Rauschzuständen erleichtert wird. Also stellt sich die Frage: Cui bono? Gott? Muhaha! Den Mitmenschen? Ein Scherz: Der Fastende ist erstens leicht reizbar und zweitens auch noch von seiner eigenen 'moralischen Überlegenheit' überzeugt - was wohl nicht gerade das war, was Christus an den Menschen geschätzt hat. Und was hat der Fastende selbst noch davon? Er malträtiert fröhlich seinen eigenen Körper, was für eine Heldentat!
Beten wird vom Nazarener als Weg der Verdammnis bezeichnet - und wenn ich an diverse Kirchenbesuche denke, kann ich das nachvollziehen: Da sitzt die Brut und ergötzt sich an den 'Fürbitten', anstatt was Sinnvolles mit sich anzufangen. Da werden arthritische Knie gewetzt, um einer 'Frömmigkeit' Ausdruck zu verleihen, die spätestens im nächsten Pfarrgemeinderat ihr rüdes Ende findet, wahrscheinlich aber schon an der Kirchentür. Kennt ihr die 'neue' Einführung im katholischen Ritus? "Zum Zeichen der Vergebung reichen wir uns nun die Hände"... und schon streckt dir der Trottel, der in deiner Nähe sitzt, gezwungen lächelnd seine verschwitzte Pfote hin (igitt), nachdem er dich die ganze Zeit davor böse gemustert hat, weil du beispielsweise während all dieser Niederknien-Orgien gelassen sitzen geblieben bist. (Rauschebart soll mich holen, wenn ich diese bescheuerten Bänke jemals für etwas Anderes als das bequeme Abstellen meiner Füße verwende.)
Der, auf den sich das Christentum so vollmundig beruft, dürfte anscheinend nicht so ein großer Fan der Beterei gewesen sein wie jene, die ihm angeblich 'nachfolgen'.
Und dann die Almosen: Pikant, diese Absage, nicht wahr? Und doch zutiefst verständlich aus dem Mund von jemandem, der Brüderlichkeit gepredigt hat: Das Geben von Almosen setzt ein Gefälle voraus, ein Ungleichgewicht, das Christus wohl per se abgelehnt hat.
Wichtig ist Christus hingegen das 'Gift', das wir so freizügig an unsere lieben Mitmenschen verteilen - all die holden Worte, mit denen wir unsere Umwelt erfreuen:
Mt 12,36 Ich sage euch: Über jedes unnütze Wort, das die Menschen reden, werden sie am Tag des Gerichts Rechenschaft ablegen müssen;
Mt 12,37 denn aufgrund deiner Worte wirst du freigesprochen und aufgrund deiner Worte wirst du verurteilt werden.
Das erinnert mich an Shivas 'blauen Hals'. Kontrolle über die eigene Zunge ist gefragt - ob diese Kontrolle allerdings ihre optimale Ausprägung in einem mönchischen Schweigegelübde findet, wage ich zu bezweifeln.
Im Prinzip sagt Christus hier: Macht kein blödes Theater, sondern verhaltet euch anständig. Insofern erscheint mir die Befreiungstheologie von Jon Sobrino deutlich *christlicher* als das 'Jesus, ich find dich so toll'-Gesabber von Papa Ratze.
Homo est Deus
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