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Vorherige Beiträge 14

  • Original von MoD3000
    Ich denke aber, hier geht es um die Unterscheidung zwischen Täuschung und Realität. Wenn ich fordere, dass sie "unterscheiden" können, dann will ich ja, dass sie reflektierend erkennen, dass etwas nicht so ist, wie es scheint. Meinst du, wenn sie ihre Mutter von "den anderen" unterscheiden, findet eine Ent-täuschung statt?


    Jau. Sicher sogar. Du brauchst nur das Verhalten des Kleinkindes beobachten. Du nimmst das Kleine als Nicht-Mama auf den Arm, es beginnt zu kuscheln und sich umzuschauen, dann nimmt es die Veränderung (Geruch usw.) wahr und reagiert mit Weinen.
    Es hat die Täuschung "Frau=Mama" enttarnt und realisiert, dass da was falsch läuft.
    Also findet auch hier eine Unterscheidung zwischen Täuschung und Realität statt.

    Eine der beiden Annahmen muss fallen - dass Descartes gleich beide weggegeben hat, war durchaus ein Verlust.


    Welche hättest du behalten wollen? Bei Descartes bedingt die eine Annahme die andere Annahme um zum (Zirkel-)schluss zu kommen. Sprich: Das eine ist ohne das andere nutzlos. Wenn die Ursache fällt, ist die Wirkung keine Wirkung mehr. Und wenn die Wirkung fällt, ist die Ursache keine Ursache mehr.
    Wenn man die Begrifflichkeiten "stutzt" zu Annahme und Ergebnis, ergibt sich ein neues Bild:
    Ich kann eine Annahme haben ohne auf ein Ergebnis zu stoßen und die Größe der Annahme ist irrelevant für die Größe des Ergebnisses. Auch kann ich ein Ergebnis betrachten ohne die "Rechnung" dahinter zu sehen.
    Aber wenn du bei Ursache und Wirkung bleibst (wie Descartes es leider getan hat), muss beides fallen um einen neuen Ansatz zu konstruieren.

    Über diesen Akt der Wahrnehmung kann ich etwas aussagen, über die zugrundeliegenden Gegenstände, die "Dinge an sich", nicht.


    Das ist genau das, was Locke eben bestreitet. :)
    Ich versuch mal Locke kurz zu umreißen, dann hoff ich, dass sich auch der Rest klärt. Deine später angesprochene Lücke in der Argumentationskette allerdings ist tatsächlich gegeben.

    Locke ging, genauso wie Descartes, vom Zweifel aus. Um den Zweifel loszuwerden bediente auch er sich der Ideen. Allerdings lehnte er die Annahme eingeborener Ideen ab und setzte die Wahrnehmung als Ideenliferant zwischen Annahme und Realität.
    Ausgangspunkt um am End zur Realität, also der Er-Kenntnis zu kommen, ist die Wahrnehmung. Es hat zwei Arten von Wahrnehmung:
    Äußere Wahrnehmung (sensations) - hier der Tisch an sich
    Innere Wahrnehmung (reflections) - z. B. der Wunsch, diesen Tisch zu besitzen

    Aus diesen Wahrnehmungen/Eindrücken, aus denen ja Erfahrung entsteht (Du erkennst, sobald du einen Tisch gesehen hast, auch andere Tische als solche) formen sich dann die Ideen. Allerdings formen sich diese nicht nur durch die sinnliche Wahrnehmung, sondern auch durch die gedankliche Leistung des Menschen. Es reicht also nicht, dass du den Tisch siehst, sondern du musst auch die gedankliche Leistung erbringen ihn als solchen zu identifizieren und nicht mit einem Stuhl zu verwechseln (Ganz großer Unterschied zu Descartes Gottesidee!!!).
    Um allerdings einen Tisch als solchen zu erkennen (4 Beine, Platte) reichen "einfache" Ideen.
    Locke ging allerdings tiefer. Um den Tisch zu spezifizieren (Holz, schön, glatt, raumeinnehmend usw) braucht es komplexere Ideen.
    Diese unterteilt er in:
    - Substanzen (Dinge, die einfach existieren...und hier hast du deine Lücke in der Argumentation)
    - Relationen (meint das Verhältnis von Ideen zueinander)
    - Modi (meint nicht sichtbare Ideen wie Dankbarkeit oder Liebe)

    In unserem Beispiel sind die Substanzen entscheidend, denn hier trennt sich die Wahrnehmung. Er hat hier noch mal gesplittet in:
    - primäre Qualität (Festigkeit, Raum)
    - sekundäre Qualität (wie warm z. B. die Tischplatte ist)

    In den sekundären Qualitäten findet sich dann deine "eigene Wahrheit", da die Wahrnehmung von Wärme usw. subjektiv bleibt, es also keine "klare" Idee gibt. Es gibt neue philosophische Ansätze, die hier eine Verallgemeinerung suchen, aber das ist umstritten.
    Aber bedingt durch die primäre Qualität ergibt sich das Bild der "realen Welt", an welcher auch festgehalten werden muss, auch wenn es ein Dualismus zwischen Gehirn und Materie ist.

    So. Wenn wir dann die Sachen wahrgenommen haben, überprüfen wir ob die daraus resultierenden Ideen übereinstimmen oder nicht übereinstimmen. Durch diesen Vorgang gelangen wir zur Erkenntnis und damit zur Realität - Sieht aus wie ein Tisch, ist kein Stuhl, fühlt sich tischwarm an...ist ein Tisch.

    Es gibt dann hier drei Arten von Erkenntnis:
    - Demonstrative (=rationale) Erkenntnis (Ich habe schon mal einen Tisch gesehen, der hier sieht genauso aus, also ist auch das ein Tisch)
    - sensitive Erkenntnis (und hier ist die Lücke in der Argumentation): Locke meint einfach, dass kein Mensch so dumm sein kann, an etwas zu zweifeln, was er fühlt oder sieht. Meiner Meinung nach die größte Lücke
    - intuitive Erkenntnis (wenn ich alle Ideen abgeklappert hab und nur diese eine übrigbleibt, also dass der Tisch ein Tisch ist, weil er kein Stuhl ist, dann hab ich das intuitiv erfasst)

    Durch den Verstand bekommt diese Erkenntnis dann die Einheit (Es IST ein Tisch), die es braucht um als wahr zu gelten.
    Sorry, ziemlich komplex. Ich hoff, es wurde etwas klarer.
    :(


    Mir ist halt wichtig, dass "Erkenntnis" von der "Wahrnehmung" getrennt wird durch die Reflektion über die Sache. Mit dieser aber verliere ich die Objektivität, weil ich die Sache quasi in meinen Erkenntnishorizont eintauche. Wenn ich mich hier dann dazu verleiten lasse, eine "ist" Beziehung über sinnliche Eindrücke zu postulieren, fehlt mir schlicht die Überprüfungsmöglichkeit der Aussage.


    Laut Locke ist diese Möglichkeit durch die Überprüfung von Übereinstimmung der Ideen gegeben - aber ja, du hast völlig Recht. :)
    Die Natur der Sache an sich bleibt unüberprüfbar.
  • Original von MoD3000
    @SonicX3: Unbelassen, es gibt m.E. einfach keinen archimedischen Punkt, von dem aus du die Philosophie wieder aus dem decarteschen Loch holst. Allerdings sollte man sich fragen: wozu dient diese Betrachtung? Natürlich geben wir dann mit der Beschränkung unserer Erkenntnisfähigkeit auch zu, dass Philosophie uns nicht der Weisheit letzten Schluss liefern kann.
    Aber wir können und wollen mit Philosophie ja gerade in den (zu findenden) Grenzen des Machbaren unsere Welt überdenken. Demzufolge wäre es unsinnig, nicht eine Welt zu erschließen, die ja offensichtlich Regeln und Gesetzmäßigkeiten unserer Beobachtung nach unterliegt. Also gehen wir getrost davon aus, dass wir diese Welt als etwas (irgendwie) Existentes betrachten können, das mit uns als Individuen interagiert. Und nur auf die Untersuchung des "Wie?" kommt es uns an.

    wozu diese einstellung dient? ohne lang herumzureden: sie erinnert mich daran nichts als "absolut" anzusehen, sondern als eine möglichkeit, eine idee, etwas als eine von vielen wahrheiten zu erkennen. und so den geist flexibel halten
  • @SonicX3: Unbelassen, es gibt m.E. einfach keinen archimedischen Punkt, von dem aus du die Philosophie wieder aus dem decarteschen Loch holst. Allerdings sollte man sich fragen: wozu dient diese Betrachtung? Natürlich geben wir dann mit der Beschränkung unserer Erkenntnisfähigkeit auch zu, dass Philosophie uns nicht der Weisheit letzten Schluss liefern kann.
    Aber wir können und wollen mit Philosophie ja gerade in den (zu findenden) Grenzen des Machbaren unsere Welt überdenken. Demzufolge wäre es unsinnig, nicht eine Welt zu erschließen, die ja offensichtlich Regeln und Gesetzmäßigkeiten unserer Beobachtung nach unterliegt. Also gehen wir getrost davon aus, dass wir diese Welt als etwas (irgendwie) Existentes betrachten können, das mit uns als Individuen interagiert. Und nur auf die Untersuchung des "Wie?" kommt es uns an.

    Original von Amalthea
    Original von MoD3000
    Es erscheint logisch, dass auch Babys bereits Reflexe und beschränktes Wissen über ihre Welt besitzen. Aber die Unterscheidung in Täuschung und Wahrheit gelingt ihnen wohl nicht sonderlich gut [...]

    Auch Babys "fremdeln", unterscheiden also zwischen bekannt und unbekannt. Zwischen Mutter und Nicht-Mutter.

    Guter Punkt. Ich denke aber, hier geht es um die Unterscheidung zwischen Täuschung und Realität. Wenn ich fordere, dass sie "unterscheiden" können, dann will ich ja, dass sie reflektierend erkennen, dass etwas nicht so ist, wie es scheint. Meinst du, wenn sie ihre Mutter von "den anderen" unterscheiden, findet eine Ent-täuschung statt?

    Allerdings sträube ich mich schon gegen das Axiom, jede Wirkung müsse eine gleichmächtige Ursache haben - was ist mit der spontanen Teilchenentstehung, der wir die Strahlung an schwarzen Löchern zu verdanken haben?

    Eine mindestens gleich große Ursache. Aber ja.

    Wenn ich nicht annehme, dass diese Wirkung außerhalb unseres Systems zu suchen ist, andererseits aber annehme, dass dieses finit ist? Nein (sagst du ja selber). Eine der beiden Annahmen muss fallen - dass Descartes gleich beide weggegeben hat, war durchaus ein Verlust.

    Denn wenn die Möglichkeit einer vernunftgesteuerten Wahrnehmung NICHT die Möglichkeit der wahren Erkenntnis zuließe, müsste die Wahrnehmung zwangsläufig zum Irrtum führen. Damit wäre jeder Erfahrungsschatz, welcher durch Vernunft bewertet wird, hinfällig als Möglichkeit der Wahrheitsgewinnung.

    Ich denke, das kommt stark auf deinen Wahrheitsbegriff an. Ich kann guter Dinge sagen, ich habe eine persönliche Wahrheit gefunden - die Wahrnehmung, dieser Tisch "ist" braun (das, was du als Wahrnehmung bezeichnest, was aber im reflektierten Aussprechen aber eben auch eine Erkenntnis, nämlich über mich, beinhaltet). Damit finde ich aber gleichzeitig eine gegenständliche Wahrheit: ich nehme etwas wahr, was für mich wie braun aussieht. Über diesen Akt der Wahrnehmung kann ich etwas aussagen, über die zugrundeliegenden Gegenstände, die "Dinge an sich", nicht.

    Denn demnach sind auch reflections, also die inneren Eindrücke, wie z. B. dem normalen Trieb nach Muttermilch, eigentlich Erfahrungen, die nach der Geburt auf die tabula rasa gebracht werden. Also unterscheidet bereits der Säugling in richtig (satt) und falsch (hungrig). Und es IST keine eingeborene Idee wie nach Descartes, aber auch kein reiner Instinkt.

    Mir fehlt die biologische Erfahrung für dieses konkrete Beispiel. Ich werde versuchen, das bei Gelegenheit nachzubessern. Was lässt dich derweil ausschließen, dass es sich hier um reinen Instinkt handelt? Irgendwie fehlt mir in der Argumentationskette ein Stück.

    Du kannst den Tisch als braun wahrnehmen, aber erkennen, dass er "wirklich" braun ist, kannst du erst durch die Verknüpfung deiner Idee von braun (hier eine sensations) mit der eigentlichen Wahrnehmung des Tisches. Hier ist es (Lockes Dreischritt) eine sensitive Erkenntnis, also ein Erfassen der Existenz realer Gegenstände. Auch hier wieder durch Erfahrung. Wobei die sensitive Erkenntnis hier keine Erkenntnis im engeren Sinne darstellt, sondern von ihm einfach als "unumstößlich" angenommen wird.

    Ich glaube, als Locke Anfänger (*schäm*) wirst du mir das nochmal in anderen Worten erklären müssen. Ich hab das dumme Gefühl, dass wir dasselbe mit anderen Worten sagen...
    Was meint genau eine "sensitive Erkenntnis" - in etwa das, was ich als Wahrnehmung bezeichnet habe?

    Mir ist halt wichtig, dass "Erkenntnis" von der "Wahrnehmung" getrennt wird durch die Reflektion über die Sache. Mit dieser aber verliere ich die Objektivität, weil ich die Sache quasi in meinen Erkenntnishorizont eintauche. Wenn ich mich hier dann dazu verleiten lasse, eine "ist" Beziehung über sinnliche Eindrücke zu postulieren, fehlt mir schlicht die Überprüfungsmöglichkeit der Aussage.

    In einem Satz, um es auch den Einsatzlesern schmackhaft zu machen ( ;) :( Wahrnehmung ist persönlich und objektiv wahr, sobald ich aus dieser Schlüsse auf die betrachtete Sache ziehe, mithin verallgemeinere, kann, muss ich aber nicht, eine Wahrheit aussagen.
  • "was ist wirklichkeit, wie definiert man das, realität? wenn du darunter verstehst was du fühlst, was du riechen, schmecken oder sehen kannst, ist die wirklichkeit nichts weiter als elektrische signale interpretiert von deinem verstand"
    Morpheus zu Neo - Matrix I

    ziemlich genau so sehe ich das ganze auch, ich finde das einzige was man wirklich sagen kann ist "ich bin", bzw "es existiert etwas das ein "selbstgefühl" hat" alles weitere ist ungewiss, das ganze hier könnte genausogut nur ein traum sein ...
  • Original von MoD3000
    Es erscheint logisch, dass auch Babys bereits Reflexe und beschränktes Wissen über ihre Welt besitzen. Aber die Unterscheidung in Täuschung und Wahrheit gelingt ihnen wohl nicht sonderlich gut [...]


    Auch Babys "fremdeln", unterscheiden also zwischen bekannt und unbekannt. Zwischen Mutter und Nicht-Mutter. Sie beginnen dieses Verhalten aber erst nach einer gewissen Zeit, also wenn die tabula rasa schon zum Teil beschrieben ist durch Erfahrungen wie Geruch der Mutter oder Stimme.


    Allerdings sträube ich mich schon gegen das Axiom, jede Wirkung müsse eine gleichmächtige Ursache haben - was ist mit der spontanen Teilchenentstehung, der wir die Strahlung an schwarzen Löchern zu verdanken haben?


    Eine mindestens gleich große Ursache. Aber ja. Natürlich ist das Prinzip „causa aequat effectum“ ein Zirkelschluss, war aber für Descartes Ansatz absolut unabdingbar um den Gottesbeweis erbringen zu können, welchen er brauchte um die Wahrheit der Gedanken nachzuweisen. Du darfst auch nicht den gesellschaftlichen Hintergrund vernachlässigen, in welchem Descartes schrieb. Eine Philo ohne Gott war (noch) nicht wirklich vertretbar.


    Überdies bestreite ich, dass allein die Möglichkeit zu vernunftgesteuerter Wahrnehmung eine "wahre" Erkenntnis der Dinge produziert.


    Das hab ich auch nicht geschrieben. Nur dass die Möglichkeit eine weitere Möglichkeit eröffnet. Denn wenn die Möglichkeit einer vernunftgesteuerten Wahrnehmung NICHT die Möglichkeit der wahren Erkenntnis zuließe, müsste die Wahrnehmung zwangsläufig zum Irrtum führen. Damit wäre jeder Erfahrungsschatz, welcher durch Vernunft bewertet wird, hinfällig als Möglichkeit der Wahrheitsgewinnung.
    Und hier lässt sich Locke auch mit der Wahrnehmung bei Kleinkindern in Einklang bringen. Im Mittelpunkt steht die Unterscheidung von sensations und reflections.
    Denn demnach sind auch reflections, also die inneren Eindrücke, wie z. B. dem normalen Trieb nach Muttermilch, eigentlich Erfahrungen, die nach der Geburt auf die tabula rasa gebracht werden. Also unterscheidet bereits der Säugling in richtig (satt) und falsch (hungrig). Und es IST keine eingeborene Idee wie nach Descartes, aber auch kein reiner Instinkt.


    Solches können wir, da stimme ich mit Russell überein, nur von unserer unmittelbaren Erfahrung sagen. Und das heißt eben "ich sehe einen braunen Tisch" mag eine wahre Aussage sein (und selbst an der kann ich zweifeln!), aber nie kann ich die Aussage "Dieser Tisch ist braun" als "wahr" beurteilen.


    Das ist der Schritt der Erkenntnis und nicht der Wahrnehmung. Du kannst den Tisch als braun wahrnehmen, aber erkennen, dass er "wirklich" braun ist, kannst du erst durch die Verknüpfung deiner Idee von braun (hier eine sensations) mit der eigentlichen Wahrnehmung des Tisches. Hier ist es (Lockes Dreischritt) eine sensitive Erkenntnis, also ein Erfassen der Existenz realer Gegenstände. Auch hier wieder durch Erfahrung. Wobei die sensitive Erkenntnis hier keine Erkenntnis im engeren Sinne darstellt, sondern von ihm einfach als "unumstößlich" angenommen wird.
  • Deswegen sage ich nicht reflektiert "da ist ein Kreis". Deswegen habe ich die Erwähnung der objektiven Realität ja außen vor gelassen. "Ein Kreis hat keine geraden Strecken" ist eine Aussage über abstrakte Formen, die allein Universale berühren, um mit Russels Worten zu sprechen.
  • Original von MoD3000
    @Braindead: nein, das ist nicht richtig. Wahrheit liegt fast immer im Auge des Betrachters. Über bestimmte Dinge gibt es einfach Gewissheit, weil sie unmittelbar sind. Wenn ich sage "Ein Kreis besitzt keine gerade Strecke", dann ist dies eine gewisse Aussage. Du kannst die Existenz von A priori Aussagen nicht vollständig leugnen. Wie die frühen Empiristen darauf zu beharren, die Algebra sei ebenfalls Eindruckssache ist hirnverbrannt. Russell zeigt das sehr schön, indem er unterscheidet zwischen unserer Vorstellung von "2+2=4" (nämlich einer beliebigen Instanz von zwei Sachen und zwei Sachen) und dem aktuellen, abstrakten Sachverhalt, den wir kommunizieren.
    Und bitte - wenn die Heisenbergsche Unschärferelation als "wahr" angenommen wird, dann mag zwar alles unsicher sein, aber wenigstens die Aussage "Die heisenbergsche Unschärferelation gilt" ist gewiss.


    Ich entschuldige mich im Vorfeld für die Form meines Einwurfes, doch ich wollte es so simpel und greifbar wie möglich gestalten.

    In dem Moment, indem du dich stellst und sagst "Das ist ein Kreis" muß dies ja noch lange nicht der Wahrheit entsprechen. Immerhin filtert dein Gehirn deinem Verstand vorweg Informationen heraus, die unnötige Verwirrung erzeugen könnten. Ein Kreis muß also nicht wirklich ein Kreis sein, sondern kann auch eine Verdichtung gerader Strecken sein.
    Natürlich ist das jetzt etwas sehr geschissen, aber ich wollte dich nur einmal darauf aufmerksam machen daß du unmöglich dein subjektives Universum als das Tatsächlich objektive ansehen darfst.
    Solange du nur eine Idee des objektiven Universums hast, so wie die Idee des "perfekten Kreises", bleibt alles dennoch spekulativ und muß nicht zwangsläufig auch der tatsächlichen objektiven Wahrheit entsprechen.
    Du kannst also nicht sagen "Dort ist ein (perfekter) Kreis" sondern nur "Dort ist etwas, was nach meiner Idee eines Kreises, ein Kreis sein könnte.".

    Ps: Auf den Titel, eine "tiefgründige" Antwort: Abyssus abyssum invocat.
  • Danke erstmal für eure Antworten.

    Zuerst einmal meine eigene Sicht:
    "Wahr" und "Falsch" sind für mich Begriffe, die ein Umfeld prägt. Meiner Ansicht nach gibt es keine "eingeborenen Ideen" in einem komplexen, und das ist wichtig, reflektierten Zusammenhang. Es erscheint logisch, dass auch Babys bereits Reflexe und beschränktes Wissen über ihre Welt besitzen. Aber die Unterscheidung in Täuschung und Wahrheit gelingt ihnen wohl nicht sonderlich gut, meiner Meinung nach einfach, weil sie nur beschränkt Zeit dafür aufwenden können, die komplexen Reflektionen zu entwickeln, die zum begründeten Nachdenken über Wahrheit gehören.
    Hier liegt ja auch eine Krux: natürlich können wir uns vorstellen, dass Babys bereits "intuitiv" Realität 'erkennen' können. Aber ihnen fehlt die Ausdrucksmöglichkeit und die Begründung für ihre Erfahrung, die also schlicht als "sein" und damit nicht im Spannungsfeld des Dualismus zu sehen ist.

    Ich glaube ja, die heutige Zeit hätte Descartes besser gefallen. Ok, vielleicht hat er sich seine extrinsischen "Vorbilder" anders ausgemalt, aber ich denke wir können sagen, dass dafür mit den Genen und der Prägung im Mutterleib ein paar ganz gute Erklärungen bereitstehen. Zugegeben, ein Feld mit tausend Fragen für jede Antwort. Aber ich denk, wir sind ein paar Schritte gekommen, in den Jahrhunderten...
    Allerdings sträube ich mich schon gegen das Axiom, jede Wirkung müsse eine gleichmächtige Ursache haben - was ist mit der spontanen Teilchenentstehung, der wir die Strahlung an schwarzen Löchern zu verdanken haben?

    Wohl ist Lockes Ansatz verlockend, gerade wenn man der Erfahrbarkeit der Natur Priorität einräumt. Dennoch finde ich es nicht richtig, von einer tabula rasa zu sprechen. Ich muss mal graben gehen, aber ich erinnere mich an eine Zwillingsstudie zum Thema Charakter und Umwelteinfluss auf Erfahrung. Ich gebe dir ja Recht, dass es einiges einfach machen würde, aber ich bin nicht überzeugt.
    Überdies bestreite ich, dass allein die Möglichkeit zu vernunftgesteuerter Wahrnehmung eine "wahre" Erkenntnis der Dinge produziert. Solches können wir, da stimme ich mit Russell überein, nur von unserer unmittelbaren Erfahrung sagen. Und das heißt eben "ich sehe einen braunen Tisch" mag eine wahre Aussage sein (und selbst an der kann ich zweifeln!), aber nie kann ich die Aussage "Dieser Tisch ist braun" als "wahr" beurteilen. (Wohl kann ich, nachdem ich die Existenz physischer Objekte anerkannt habe, von diesem Objekt sagen, es besitze eine Qualität, die ich als "braun" wahrnehme.)

    Ich buddel nochmal ein wenig im Russell, da sind noch einige Stellen unklar geblieben.

    @Braindead: nein, das ist nicht richtig. Wahrheit liegt fast immer im Auge des Betrachters. Über bestimmte Dinge gibt es einfach Gewissheit, weil sie unmittelbar sind. Wenn ich sage "Ein Kreis besitzt keine gerade Strecke", dann ist dies eine gewisse Aussage. Du kannst die Existenz von A priori Aussagen nicht vollständig leugnen. Wie die frühen Empiristen darauf zu beharren, die Algebra sei ebenfalls Eindruckssache ist hirnverbrannt. Russell zeigt das sehr schön, indem er unterscheidet zwischen unserer Vorstellung von "2+2=4" (nämlich einer beliebigen Instanz von zwei Sachen und zwei Sachen) und dem aktuellen, abstrakten Sachverhalt, den wir kommunizieren.
    Und bitte - wenn die Heisenbergsche Unschärferelation als "wahr" angenommen wird, dann mag zwar alles unsicher sein, aber wenigstens die Aussage "Die heisenbergsche Unschärferelation gilt" ist gewiss.