Im dritten Kapitel trifft Henry seinen Onkel Lord Fermor, einen originellen alten Kauz, um ihn ein bißchen über Dorian und seine Familienhistorie auszuhorchen - er will Informationen über sein 'Werkstück', diesen hübschen kleinen Tonhaufen. Was er erfährt, findet er 'erregend', es stimuliert seine Phantasie: ".. eine ungewöhnliche, fast moderne Romanze. Eine schöne Frau (Dorians Mutter), die für eine wahnsinnige Leidenschaft alles wagt. Ein paar wilde Wochen des Glücks und ihr jähes Ende durch ein scheußliches, verräterisches Verbrechen (Dorians Großvater läßt seinen nicht standesgemäßen Schwiegersohn töten). Monate sprachloser Verzweiflung und dann ein Kind, das in Schmerzen geboren wurde. Die Mutter vom Tode weggenommen, der Knabe in Einsamkeit und der Tyrannei eines lieblosen alten Mannes überlassen. Ja, das war ein interessanter Hintergrund. Er verlieh dem jungen Mann klarere Konturen, machte ihn vollkommener als zuvor. Hinter allem Erlesenen in der Welt lag etwas Tragisches..."
Und wenn es nach Henry gehen soll, wird es tragisch weitergehen:
"Zu ihm (Dorian) sprechen war, wie wenn man auf einer köstlichen Geige spielte. ... Es lag etwas ungemein Faszinierendes darin, Einfluß auszuüben. Nichts war damit zu vergleichen. Seine Seele in eine anmutige Gestalt zu projizieren... seine eigenen Geistestendenzen im Echo zu hören, vermehrt um all die Musik der Leidenschaft und Jugend; sein Temperament in ein andres hineinzuleiten, ... Darin lag eine wahrhafte Freude - vielleicht die befriedigendste Freude, die uns in einer Zeit geblieben war, die so beschränkt und gemein war wie unsre, die in ihren Genüssen so grob fleischlich und in ihren Zielen so grob gewöhnlich war.."
Hört ihr den Klagegesang von Lord Henry Wottons idealistischer Seele, die so enttäuscht ist über die Häßlichkeit der Welt? Da is nix mit cool!
"Auch war er ein wundervoller Typus, dieser Jüngling, ... oder konnte wenigstens zu einem wundervollen Typus gemodelt werden. Grazie war ihm verliehen und die weiße Reinheit der Knabenunschuld, und Schönheit, wie sie alte griechische Marmorwerke bewahrten. Es gab nichts, was sich nicht aus ihm machen ließ. Er konnte zu einem Titanen oder zu einem Spielzeug gemacht werden."
Dann sinniert Henry voll Wonne über Platons Ideenlehre nach, der gemäß ja die reale Welt einer mit unseren Sinnen nicht wahrnehmbaren Welt der Ideen untergeordet ist. So zur Hölle mit dem realen Dorian und her mit der fleischgewordenen Realisierung von Henrys Vorstellungen:
"Ja, er wollte den Versuch machen, für Dorian Gray zu sein, was, ohne es zu wissen, der Jüngling dem Maler war, der das wundervolle Porträt geschaffen hatte. Er würde alles daran setzen, ihm seinen Willen aufzuzwingen - ja, er hatte es beinahe schon geschafft. Er wollte diesen wundervollen Geist zu seinem eigenen machen. Es war etwas unwiderstehlich Anziehendes in diesem Kind der Liebe und des Todes."
Danach folgt das Frühstück bei Henrys Tante. Dabei fällt dieser interessante Standpunkt zur Wahrheit: "Um die Wahrheit zu prüfen, muß man sie seiltanzen lassen. Wenn die Wahrheiten Akrobaten werden, können wir über sie urteilen."
Genau das wird Henry mit Dorian machen: Um seine eigenen Wahrheiten zu überprüfen, wird er den Jungen auf das Seil schicken.
Im weiteren Verlauf der Konversation bei Tisch verdammt Henry - wie üblich - Mitgefühl und Ernsthaftigkeit und brilliert dann mit einer glanzvollen Suada zu Ehren der Torheit: "Die einzigen Dinge, die einer nie bereut, sind seine Fehler."
Und sie hat Impact, seine feurige Rede für die Philosophie der Lust:
"Es war eine glänzende Improvisation. Er spürte, daß die Augen Dorian Grays auf ihn gerichtet waren, und das Bewußtsein, daß unter seinen Zuhörern einer war, dessen Naturell er bezaubern wollte, schien seinen Witz funkelnd zu machen und seiner Phantasie Farbe zu geben. Er war glänzend, phantasievoll, unwiderstehlich. Er entzückte seine Zuhörer aus sich selber, und lachend folgten sie seinen verführerischen Tönen. Dorian Gray wandte den Blick nicht von ihm ab, sondern saß wie unter einem Banne da; ein Lächeln nach dem andern glitt über sein Gesicht, die Augen dunkel vor ernstem Staunen."
Yep, Henrys Balztanz ist erfolgreich - Dorian genießt es, von ihm ins Hirn gefickt zu werden!
"Als Lord Henry hinaustrat, berührte ihn Dorian Gray am Arm. "Ich möchte mit ihnen gehen", sagte er leise.
"Aber ich dachte, Sie hätten Basil Hallward versprochen, zu ihm zu kommen", erwiderte Lord Henry.
"Ich möchte lieber mit ihnen gehen; ja, ich fühle, ich muß mit ihnen gehen. Erlauben Sie es mir? Und versprechen Sie mir, die ganze Zeit mit mir zu reden? Niemand spricht so wundervoll wie Sie."
"Ach! Ich habe für heute gerade genug geredet", sagte Lord Henry lächelnd. "Alles, was ich jetzt wünsche, ist, das Leben zu betrachten. Wenn Sie wollen, so kommen Sie mit und betrachten Sie es mit mir."
Und ob der Kleine will...
Und wenn es nach Henry gehen soll, wird es tragisch weitergehen:
"Zu ihm (Dorian) sprechen war, wie wenn man auf einer köstlichen Geige spielte. ... Es lag etwas ungemein Faszinierendes darin, Einfluß auszuüben. Nichts war damit zu vergleichen. Seine Seele in eine anmutige Gestalt zu projizieren... seine eigenen Geistestendenzen im Echo zu hören, vermehrt um all die Musik der Leidenschaft und Jugend; sein Temperament in ein andres hineinzuleiten, ... Darin lag eine wahrhafte Freude - vielleicht die befriedigendste Freude, die uns in einer Zeit geblieben war, die so beschränkt und gemein war wie unsre, die in ihren Genüssen so grob fleischlich und in ihren Zielen so grob gewöhnlich war.."
Hört ihr den Klagegesang von Lord Henry Wottons idealistischer Seele, die so enttäuscht ist über die Häßlichkeit der Welt? Da is nix mit cool!
"Auch war er ein wundervoller Typus, dieser Jüngling, ... oder konnte wenigstens zu einem wundervollen Typus gemodelt werden. Grazie war ihm verliehen und die weiße Reinheit der Knabenunschuld, und Schönheit, wie sie alte griechische Marmorwerke bewahrten. Es gab nichts, was sich nicht aus ihm machen ließ. Er konnte zu einem Titanen oder zu einem Spielzeug gemacht werden."
Dann sinniert Henry voll Wonne über Platons Ideenlehre nach, der gemäß ja die reale Welt einer mit unseren Sinnen nicht wahrnehmbaren Welt der Ideen untergeordet ist. So zur Hölle mit dem realen Dorian und her mit der fleischgewordenen Realisierung von Henrys Vorstellungen:
"Ja, er wollte den Versuch machen, für Dorian Gray zu sein, was, ohne es zu wissen, der Jüngling dem Maler war, der das wundervolle Porträt geschaffen hatte. Er würde alles daran setzen, ihm seinen Willen aufzuzwingen - ja, er hatte es beinahe schon geschafft. Er wollte diesen wundervollen Geist zu seinem eigenen machen. Es war etwas unwiderstehlich Anziehendes in diesem Kind der Liebe und des Todes."
Danach folgt das Frühstück bei Henrys Tante. Dabei fällt dieser interessante Standpunkt zur Wahrheit: "Um die Wahrheit zu prüfen, muß man sie seiltanzen lassen. Wenn die Wahrheiten Akrobaten werden, können wir über sie urteilen."
Genau das wird Henry mit Dorian machen: Um seine eigenen Wahrheiten zu überprüfen, wird er den Jungen auf das Seil schicken.
Im weiteren Verlauf der Konversation bei Tisch verdammt Henry - wie üblich - Mitgefühl und Ernsthaftigkeit und brilliert dann mit einer glanzvollen Suada zu Ehren der Torheit: "Die einzigen Dinge, die einer nie bereut, sind seine Fehler."
Und sie hat Impact, seine feurige Rede für die Philosophie der Lust:
"Es war eine glänzende Improvisation. Er spürte, daß die Augen Dorian Grays auf ihn gerichtet waren, und das Bewußtsein, daß unter seinen Zuhörern einer war, dessen Naturell er bezaubern wollte, schien seinen Witz funkelnd zu machen und seiner Phantasie Farbe zu geben. Er war glänzend, phantasievoll, unwiderstehlich. Er entzückte seine Zuhörer aus sich selber, und lachend folgten sie seinen verführerischen Tönen. Dorian Gray wandte den Blick nicht von ihm ab, sondern saß wie unter einem Banne da; ein Lächeln nach dem andern glitt über sein Gesicht, die Augen dunkel vor ernstem Staunen."
Yep, Henrys Balztanz ist erfolgreich - Dorian genießt es, von ihm ins Hirn gefickt zu werden!
"Als Lord Henry hinaustrat, berührte ihn Dorian Gray am Arm. "Ich möchte mit ihnen gehen", sagte er leise.
"Aber ich dachte, Sie hätten Basil Hallward versprochen, zu ihm zu kommen", erwiderte Lord Henry.
"Ich möchte lieber mit ihnen gehen; ja, ich fühle, ich muß mit ihnen gehen. Erlauben Sie es mir? Und versprechen Sie mir, die ganze Zeit mit mir zu reden? Niemand spricht so wundervoll wie Sie."
"Ach! Ich habe für heute gerade genug geredet", sagte Lord Henry lächelnd. "Alles, was ich jetzt wünsche, ist, das Leben zu betrachten. Wenn Sie wollen, so kommen Sie mit und betrachten Sie es mit mir."
Und ob der Kleine will...