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Vorherige Beiträge 63

  • Cool :D

    Komm in den totgesagten park und schau:
    Der schimmer ferner lächelnder gestade,
    Der reinen wolken unverhofftes blau,
    Erhellt die weiher und die bunten pfade.

    Dort nimm das tiefe gelb, das weiche grau
    Von birken und von buchs, der wind ist lau,
    Die späten rosen welkten noch nicht ganz,
    Erlese, küsse sie und flicht den kranz.

    Vergiss auch diese letzten astern nicht,
    Den purpur um die ranken wilder reben,
    Und auch was übrig blieb von grünem leben
    Verwinde leicht im herbstlichen gesicht.

    Stefan George
  • Ich habe gerade ein wie ich ich finde schönes Gedicht von Friedrich von Schiller gefunden.
    Deshalb habe ich mich an diesen Thread erinnert und wollte ihn einmal wieder hervorholen.

    Friedrich von Schiller

    Die Götter Griechenlands

    Da ihr noch die schöne Welt regieret,
    An der Freude leichtem Gängelband
    Selige Geschlechter noch geführet,
    Schöne Wesen aus dem Fabelland!
    Ach, da euer Wonnedienst noch glänzte,
    Wie ganz anders, anders war es da!
    Da man deine Tempel noch bekränzte,
    Venus Amathusia!

    Da der Dichtung zauberische Hülle
    Sich noch lieblich um die Wahrheit wand, -
    Durch die Schöpfung floß da Lebensfülle,
    Und was nie empfinden wird, empfand.
    An der Liebe Busen sie zu drücken,
    Gab man höhern Adel der Natur,
    Alles wies den eingeweihten Blicken,
    Alles eines Gottes Spur.

    Wo jetzt nur, wie unsre Weisen sagen,
    Seelenlos ein Feuerball sich dreht,
    Lenkte damals seinen goldnen Wagen
    Helios in stiller Majestät.
    Diese Höhen füllten Oreaden,
    Eine Dryas lebt' in jenem Baum,
    Aus den Urnen lieblicher Najaden
    Sprang der Ströme Silberschaum.

    Jener Lorbeer wand sich einst um Hilfe,
    Tantals Tochter schweigt in diesem Stein,
    Syrinx' Klage tönt' aus jenem Schilfe,
    Philomelas Schmerz aus diesem Hain.
    Jener Bach empfing Demeters Zähre,
    Die sie um Persephone geweint,
    Und von diesem Hügel rief Cythere,
    Ach, umsonst! dem schönen Freund.

    Zu Deukalions Geschlechte stiegen
    Damals noch die Himmlischen herab;
    Pyrrhas schöne Töchter zu besiegen,
    Nahm der Leto Sohn den Hirtenstab.
    Zwischen Menschen, Göttern und Heroen
    Knüpfte Amor einen schönen Bund,
    Sterbliche mit Göttern und Heroen
    Huldigten in Amathunt.

    Finstrer Ernst und trauriges Entsagen
    War aus eurem heitern Dienst verbannt;
    Glücklich sollten alle Herzen schlagen,
    Denn euch war der Glückliche verwandt.
    Damals war nichts heilig, als das Schöne,
    Keiner Freude schämte sich der Gott,
    Wo die keusch erröthende Kamöne,
    Wo die Grazie gebot.

    Eure Tempel lachten gleich Palästen,
    Euch verherrlichte das Heldenspiel
    An des Isthmus kronenreichen Festen,
    Und die Wagen donnerten zum Ziel.
    Schön geschlungne, seelenvolle Tänze
    Kreisten um den prangenden Altar,
    Eure Schläfe schmückten Siegeskränze,
    Kronen euer duftend Haar.

    Das Evoe muntrer Thyrsusschwinger
    Und der Panther prächtiges Gespann
    Meldeten den großen Freudebringer,
    Faun und Satyr taumeln ihm voran;
    Um ihn springen rasende Mänaden,
    Ihre Tänze loben seinen Wein,
    Und des Wirthes braune Wangen laden
    Lustig zu dem Becher ein.

    Damals trat kein gräßliches Gerippe
    Vor das Bett des Sterbenden. Ein Kuß
    Nahm das letzte Leben von der Lippe,
    Seine Fackel senkt' ein Genius.
    Selbst des Orkus strenge Richterwage
    Hielt der Enkel einer Sterblichen,
    Und des Thrakers seelenvolle Klage
    Rührte die Erinyen.

    Seine Freuden traf der frohe Schatten
    In Elysiens Hainen wieder an,
    Treue Liebe fand den treuen Gatten
    Und der Wagenlenker seine Bahn;
    Linus' Spiel tönt' die gewohnten Lieder,
    In Alcestens Arme sinkt Admet,
    Seinen Freund erkennt Orestes wieder,
    Seine Pfeile Philoktet.

    Höhre Preise stärken da den Ringer
    Auf der Tugend arbeitvoller Bahn;
    Großer Thaten herrliche Vollbringer
    Klimmten zu den Seligen hinan.
    Vor dem Wiederforderer der Todten
    Neigte sich der Götter stille Schaar;
    Durch die Fluten leuchtet dem Piloten
    Vom Olymp das Zwillingspaar.

    Schöne Welt, wo bist du? - Kehre wieder,
    Holdes Blüthenalter der Natur!
    Ach, nur in dem Feenland der Lieder
    Lebt noch deine fabelhafte Spur.
    Ausgestorben trauert das Gefilde,
    Keine Gottheit zeigt sich meinem Blick,
    Ach, von jenem lebenwarmen Bilde
    Blieb der Schatten nur zurück.

    Alle jene Blüthen sind gefallen
    Von des Nordes schauerlichem Wehn;
    Einen zu bereichern unter Allen,
    Mußte diese Götterwelt vergehn.
    Traurig such' ich an dem Sternenbogen,
    Dich, Selene, find' ich dort nicht mehr;
    Durch die Wälder ruf' ich, durch die Wogen,
    Ach! sie wiederhallen leer!

    Unbewußt der Freuden, die sie schenket,
    Nie entzückt von ihrer Herrlichkeit,
    Nie gewahr des Geistes, der sie lenket,
    Sel'ger nie durch meine Seligkeit,
    Fühllos selbst für ihres Künstlers Ehre,
    Gleich dem todten Schlag der Pendeluhr,
    Dient sie knechtisch dem Gesetz der Schwere,
    Die entgötterte Natur.

    Morgen wieder neu sich zu entbinden,
    Wühlt sie heute sich ihr eignes Grab,
    Und an ewig gleicher Spindel winden
    Sich von selbst die Monde auf und ab.
    Müßig kehrten zu dem Dichterlande
    Heim die Götter, unnütz einer Welt,
    Die, entwachsen ihrem Gängelbande,
    Sich durch eignes Schweben hält.

    Ja, sie kehrten heim, und alles Schöne,
    Alles Hohe nahmen sie mit fort,
    Alle Farben, alle Lebenstöne,
    Und uns blieb nur das entseelte Wort.
    Aus der Zeitfluth weggerissen, schweben
    Sie gerettet auf des Pindus Höhn;
    Was unsterblich im Gesang soll leben,
    Muß im Leben untergehn.

    (1788)
  • Johann Wolfgang von Goethe

    Die Braut von Corinth

    Nach Corinthus von Athen gezogen
    Kam ein Jüngling, dort noch unbekannt.
    Einen Bürger hofft’ er sich gewogen;
    Beide Väter waren gastverwandt,
    Hatten frühe schon
    Töchterchen und Sohn
    Braut und Bräutigam voraus genannt.

    Aber wird er auch willkommen scheinen,
    Wenn er theuer nicht die Gunst erkauft?
    Er ist noch ein Heide mit den Seinen,
    Und sie sind schon Christen und getauft.
    Keimt ein Glaube neu,
    Wird oft Lieb’ und Treu’
    Wie ein böses Unkraut ausgerauft.

    Und schon lag das ganze Haus im Stillen,
    Vater, Töchter, nur die Mutter wacht;
    Sie empfängt den Gast mit bestem Willen,
    Gleich in’s Prunkgemach wird er gebracht.
    Wein und Essen prangt
    Eh’ er es verlangt:
    So versorgend wünscht sie gute Nacht.

    Aber bei dem wohlbestellten Essen
    Wird die Lust der Speise nicht erregt;
    Müdigkeit läßt Speis’ und Trank vergessen,
    Daß er angekleidet sich auf’s Bette legt;
    Und er schlummert fast,
    Als ein seltner Gast
    Sich zur offnen Thür herein bewegt.

    Denn er sieht, bei seiner Lampe Schimmer
    Tritt, mit weißem Schleier und Gewand,
    Sittsam still ein Mädchen in das Zimmer,
    Um die Stirn ein schwarz- und goldnes Band.
    Wie sie ihn erblickt,
    Hebt sie, die erschrickt,
    Mit Erstaunen eine weiße Hand.

    Bin ich, rief sie aus, so fremd im Hause,
    Daß ich von dem Gaste nichts vernahm?
    Ach, so hält man mich in meiner Klause!
    Und nun überfällt mich hier die Scham.
    Ruhe nur so fort
    Auf dem Lager dort,
    Und ich gehe schnell, so wie ich kam.

    Bleibe, schönes Mädchen! ruft der Knabe,
    Rafft von seinem Lager sich geschwind:
    Hier ist Ceres, hier ist Bacchus Gabe;
    Und du bringst den Amor, liebes Kind!
    Bist vor Schrecken blaß!
    Liebe, komm und laß
    Laß uns sehn, wie froh die Götter sind.

    Ferne bleib’, o Jüngling! bleibe stehen;
    Ich gehöre nicht den Freuden an.
    Schon der letzte Schritt ist ach! geschehen,
    Durch der guten Mutter kranken Wahn,
    Die genesend schwur:
    Jugend und Natur
    Sey dem Himmel künftig unterthan.

    Und der alten Götter bunt Gewimmel
    Hat sogleich das stille Haus geleert.
    Unsichtbar wird Einer nur im Himmel,
    Und ein Heiland wird am Kreuz verehrt;
    Opfer fallen hier,
    Weder Lamm noch Stier,
    Aber Menschenopfer unerhört.

    Und er fragt und wäget alle Worte,
    Deren keines seinem Geist entgeht.
    Ist es möglich, daß am stillen Orte
    Die geliebte Braut hier vor mir steht?
    Sey die meine nur!
    Unsrer Väter Schwur
    Hat vom Himmel Segen uns erfleht.

    Mich erhältst du nicht, du gute Seele!
    Meiner zweyten Schwester gönnt man dich.
    Wenn ich mich in stiller Klause quäle,
    Ach! in ihren Armen denk’ an mich,
    Die an dich nur denkt,
    Die sich liebend kränkt;
    In die Erde bald verbirgt sie sich.

    Nein! bei dieser Flamme sey’s geschworen,
    Gütig zeigt sie Hymen uns voraus;
    Bist der Freude nicht und mir verloren,
    Kommst mit mir in meines Vaters Haus.
    Liebchen, bleibe hier!
    Feyre gleich mit mir
    Unerwartet unsern Hochzeitschmaus.

    Und schon wechseln sie der Treue Zeichen;
    Golden reicht sie ihm die Kette dar,
    Und er will ihr eine Schale reichen,
    Silbern, künstlich, wie nicht eine war.
    Die ist nicht für mich;
    Doch, ich bitte dich,
    Eine Locke gib von deinem Haar.

    Eben schlug die dumpfe Geisterstunde
    Und nun schien es ihr erst wohl zu seyn.
    Gierig schlürfte sie mit blassem Munde
    Nun den dunkel blutgefärbten Wein;
    Doch vom Weizenbrot,
    Das er freundlich bot,
    Nahm sie nicht den kleinsten Bissen ein.

    Und dem Jüngling reichte sie die Schale,
    Der, wie sie, nun hastig lüstern trank.
    Liebe fordert er bei’m stillen Mahle;
    Ach, sein armes Herz war liebekrank.
    Doch sie widersteht,
    Wie er immer fleht,
    Bis er weinend auf das Bette sank.

    Und sie kommt und wirft sich zu ihm nieder:
    Ach, wie ungern seh’ ich dich gequält!
    Aber, ach! berührst du meine Glider,
    Fühlst du schaudernd, was ich dir verhehlt.
    Wie der Schnee so weiß,
    Aber kalt wie Eis,
    Ist das Liebchen, das du dir erwählt.

    Heftig faßt er sie mit starken Armen
    Von der Liebe Jugendkraft durchmannt:
    Hoffe doch bei mir noch zu erwarmen,
    Wär’st du selbst mir aus dem Grab gesandt!
    Wechselhauch und Kuß!
    Liebesüberfluß!
    Brennst du nicht und fühlest mich entbrannt?

    Liebe schließet fester sie zusammen,
    Thränen mischen sich in ihre Lust;
    Gierig saugt sie seines Mundes Flammen,
    Eins ist nur im Andern sich bewußt.
    Seine Liebeswuth
    Wärmt ihr starres Blut,
    Doch es schlägt kein Herz in ihrer Brust.

    Unterdessen schleichet auf dem Gange,
    Häuslich spät die Mutter noch vorbei,
    Horchet an der Thür und horchet lange,
    Welch ein sonderbarer Ton es sey.
    Klag- und Wonnelaut
    Bräutigams und Braut,
    Und des Liebestammelns Raserey.

    Unbeweglich bleibt sie an der Thüre,
    Weil sie erst sich überzeugen muß,
    Und sie hört die höchsten Liebesschwüre,
    Lieb’ und Schmeichelworte, mit Verdruß –
    Still! der Hahn erwacht! –
    Aber morgen Nacht
    Bist du wieder da? – und Kuß auf Kuß.

    Länger hält die Mutter nicht das Zürnen,
    Oeffnet das bekannte Schloß geschwind: –
    Gibt es hier im Hause solche Dirnen,
    Die dem Fremden gleich zu Willen sind? –

    So zur Thür hinein.
    Bei der Lampe Schein
    Sieht sie – Gott! sie sieht ihr eigen Kind.

    Und der Jüngling will im ersten Schrecken
    Mit des Mädchens eignem Schleierflor,
    Mit dem Teppich die Geliebte decken;
    Doch sie windet gleich sich selbst hervor.
    Wie mit Geist’s Gewalt
    Hebet die Gestalt
    Lang’ und langsam sich im Bett’ empor.

    Mutter! Mutter! spricht sie hohle Worte:
    So mißgönnt ihr mir die schöne Nacht!
    Ihr vertreibt mich von dem warmen Orte.
    Bin ich zur Verzweiflung nur erwacht?
    Ist’s euch nicht genug,
    Daß in’s Leichentuch,
    Daß ihr früh mich in das Grab gebracht?

    Aber aus der schwerbedeckten Enge
    Treibet mich ein eigenes Gericht.
    Eurer Priester summende Gesänge
    Und ihr Segen haben kein Gewicht;
    Salz und Wasser kühlt
    Nicht, wo Jugend fühlt;
    Ach! die Erde kühlt die Liebe nicht.

    Dieser Jüngling war mir erst versprochen,
    Als noch Venus heitrer Tempel stand.
    Mutter, habt ihr doch das Wort gebrochen,
    Weil ein fremd, ein falsch Gelübd’ euch band!
    Doch kein Gott erhört,
    Wenn die Mutter schwört,
    Zu versagen ihrer Tochter Hand.

    Aus dem Grabe werd’ ich ausgetrieben,
    Noch zu suchen das vermißte Gut,
    Noch den schon verlornen Mann zu lieben
    Und zu saugen seines Herzens Blut.
    Ist’s um den geschehn,
    Muß nach andern gehn,
    Und das junge Volk erliegt der Wuth.

    Schöner Jüngling! kannst nicht länger leben;
    Du versiechest nun an diesem Ort.
    Meine Kette hab’ ich dir gegeben;
    Deine Locke nehm’ ich mit mir fort.
    Sieh’ sie an genau!
    Morgen bist du grau,
    Und nur braun erscheinst du wieder dort.

    Höre, Mutter, nun die letzte Bitte:
    Einen Scheiterhaufen schichte du;
    Oeffne meine bange kleine Hütte,
    Bring’ in Flammen Liebende zur Ruh!
    Wenn der Funke sprüht,
    Wenn die Asche glüht,
    Eilen wir den alten Göttern zu.
  • hab auch noch ein Gedicht:

    Schon seit her die Liebkosungen der Nacht
    ihm bekommt unvorstellbar große Macht
    schon vor ew´ger Zeit sein Unwesen treibte
    sich 'gen des jungfrauens Körper reibte
    selbst heiliger Boden nicht von belang
    er in des menschens Herzens gelang

    so sprach er, Lucifer :

    Alles was dein Herz begehrt
    solle sein mit dir vermehrt !
    Nicht Geldlohn, nicht Hungerlohn
    denn ich sei dein ew´ger Thron
    nur deine Seele soll von belangen
    ewig nach dem Tode bei mir gefangen

    ein Mann:

    Alles was des Herzens Lust sei
    Geld, Ruhm, allerlei?
    Der Tod sei euer Geleit
    Mein Leben dann zu Tode geweiht
    Ihr mein Knecht
    das ist mir Recht !
    Nun meine Wünsche brennend nah
    mein Leben soll sein so wunderbar.
  • Original von Mea Culpa
    Dunkel war’s, der Mond schien helle,
    Schneebedeckt die grüne Flur,
    Als ein Wagen blitzesschnelle
    Langsam um die Ecke fuhr.

    Drinnen saßen stehend Leute
    Schweigend ins Gespräch vertieft,
    Als ein totgeschossner Hase
    Auf ’ner Sandbank Schlittschuh lief.

    Und der Wagen fuhr im Trabe
    Rückwärts einen Berg hinauf.
    Droben zog ein alter Rabe
    Grade eine Turmuhr auf.

    Ringsumher herrscht tiefes Schweigen
    Und mit fürchterlichem Krach
    Spielen in des Grases Zweigen
    Zwei Kamele lautlos Schach.

    Und auf einer roten Bank,
    Die blau angestrichen war
    Saß ein blond gelockter Jüngling
    Mit kohlrabenschwarzem Haar.

    Neben ihm ’ne olle Schrulle,
    Die kaum 18 Jahr alt war,
    In der Hand ’ne Butterstulle,
    Die mit Schmalz bestrichen war.

    Und verliebt sprach er zu ihr,
    mein geliebtes Trampeltier.
    Augen hast du wie Korallen,
    die dir aus dem Kopfe fallen.
    Und eine Nase sag ich dir,
    alle Kälber gleichen dir.

    Oben auf dem Apfelbaume,
    Der sehr süße Birnen trug,
    Hing des Frühlings letzte Pflaume
    Und an Nüssen noch genug.

    Von der regennassen Straße
    Wirbelte der Staub empor.
    Und ein Junge bei der Hitze
    Mächtig an den Ohren fror.

    Beide Hände in den Taschen
    Hielt er sich die Augen zu.
    Denn er konnte nicht ertragen,
    Wie nach Veilchen roch die Kuh.

    Und zwei Fische liefen munter
    Durch das blaue Kornfeld hin.
    Endlich ging die Sonne unter
    Und der graue Tag erschien.

    Dies Gedicht schrieb Wolfgang Goethe
    Abends in der Morgenröte,
    Als er auf dem Nachttopf saß
    Und die Morgenzeitung las.

    -Autor ist mir nicht bekannt.


    Als ich die Gedichte hier gelesen habe (die wirklich teilweise sehr lustig sind), mußte ich sofort an eben dieses denken. Das kenne ich von meinem Opa, er mußte es mir jedesmal aufsagen, wenn ich ihn gesehen habe (was selten war). Und ich kann es bis heute auswendig, allerdings nicht mit sovielen Strophen. Stimmt mich immer sentimental... :)
  • @Mea Culpa ich bin lustigerweise auf dieses gedicht gestossen als ich für meine beiden kleinsten Geschwister eine Gute-Nacht-Geschichte im Internet gesucht habe. Ich habe leider keine Märchenbücher bei mir Zuhause. Noch nicht...
  • Hier mal ein Gedicht welches ich persönlich sehr niedlich finde von James Krüss:

    DAS KÖNIGREICH VON NIRGENDWO

    Das Königreich von Nirgendwo, liegt tief am Meeresgrund.

    Dort wohnt der König Soundso, mit Niemand, seinem Hund.

    Die Königin heißt Keinesfalls. Sie ist erstaunlich klein, hat

    einen langen Schwanenhals und sagt beständig; Nein !



    Und Keiner ist der Hofmarschall. Er trink gern süße Luft.

    Sein Haus (gleich neben Niemans Stall ) Besteht aus Kieselduft.

    Die Köchin Olga Nimmermehr, die wohnt in Keiners Haus.

    Sie putzt und werkelt immer sehr und kocht tagein, tagaus.

    Am liebsten kocht sie Grabgestein, mit Seufzen fein gemischt.

    Das wird im Schloss zu keinerzeit meist Niemand aufgetischt.



    Oft macht die Katze Niemand hier zu keinerzeit Tumult.

    Dann sorgt sich keiner um das Tier. Und Niemand kriegt die Schuld.

    Man schimpft ihn tüchtig aus und lässt ihn prügeln noch und

    noch. Für Nimmermehr gibt`s Hausarrest.

    Und Keiner muss ins Loch.



    Ich selber ging mal seinerzeit zu einer Zeit im Mai

    ( Man tat sowas zu meiner Zeit ) An keiner Zeit vorbei.

    Das Meer war still. Und Keiner stand am Zaun, nach mir zu

    schaun. Schloss keinerzeit lag linkerhand. Und Niemand

    rechts am Zaun.

    Das Königreich von Nirgendwo, liegt irgendwo am Grund.

    Dort wohnt der König Soundso mit Niemand, seinem

    Hund.
  • Lore Lay
    von Clemens Brentano

    Zu Bacharach am Rheine
    Wohnt’ eine Zauberin,
    Sie war so schön und feine
    Und riß viel Herzen hin.

    Und brachte viel zu Schanden
    Der Männer ringsumher,
    Aus ihren Liebesbanden
    War keine Rettung mehr.

    Der Bischof ließ sie laden
    Vor geistliche Gewalt –
    Und mußte sie begnaden,
    So schön war ihr’ Gestalt.

    Er sprach zu ihr gerühret:
    „Du arme Lore Lay!
    Wer hat dich denn verführet
    Zu böser Zauberei“

    „Herr Bischof, laßt mich sterben!
    Ich bin des Lebens müd,
    Weil jeder muß verderben,
    Der meine Augen sieht.

    Die Augen sind zwei Flammen,
    Mein Arm ein Zauberstab –
    O legt mich in die Flammen!
    O brechet mir den Stab!“

    „Ich kann dich nicht verdammen,
    Bis du mir erst bekennt,
    Warum in diesen Flammen
    Mein eignes Herz schon brennt.

    Den Stab kann ich nicht brechen
    Du schöne Lore Lay!
    Ich müßte dann zerbrechen
    Mein eigen Herz entzwei.“

    „Herr Bischof, mit mir Armen
    Treibt nicht so bösen Spott,
    Und bittet um Erbarmen,
    Für mich den lieben Gott!

    Ich darf nicht länger leben,
    Ich liebe keinen mehr –
    Den Tod sollt Ihr mir geben,
    Drum kam ich zu Euch her! –

    Mein Schatz hat mich betrogen,
    Hat sich von mir gewandt,
    Ist fort von hier gezogen,
    Fort in ein fremdes Land.

    Die Augen sanft und wilde,
    Die Wangen rot und weiß,
    Die Worte still und milde,
    Das ist mein Zauberkreis.

    Ich selbst muß drin verderben,
    Das Herz tut mir so weh –
    Vor Schmerzen möcht’ ich sterben,
    Wenn ich mein Bildnis seh’.

    Drum laßt mein Recht mich finden,
    Mich sterben wie ein Christ,
    Denn alles muß verschwinden,
    Weil er nicht bei mir ist."

    Drei Ritter läßt er holen:
    „Bringt sie ins Kloster hin!
    Geh, Lore! – Gott befohlen
    Sei dein berückter Sinn!
    Du sollst ein Nönnchen werden,
    Ein Nönnchen schwarz und weiß,
    Bereite dich auf Erden
    Zu deines Todes Reis'!“
    Zum Kloster sie nun ritten,
    Die Ritter alle drei,
    Und traurig in der Mitten
    Die schöne Lore Lay.

    „O Ritter, laßt mich gehen
    Auf diesen Felsen groß,
    Ich will noch einmal sehen
    Nach meines Lieben Schloß.

    Ich will noch einmal sehen
    Wohl in den tiefen Rhein,
    Und dann ins Kloster gehen
    Und Gottes Jungfrau sein.“

    Der Felsen ist so jähe,
    So steil ist seine Wand,
    Doch klimmt sie in die Höhe,
    Bis daß sie oben stand.

    Es binden die drei Reiter
    Die Rosse unten an,
    Und klettern immer weiter
    Zum Felsen auch hinan.

    Die Jungfrau sprach: „Da gehet
    Ein Schifflein auf dem Rhein –
    Der in dem Schifflein stehet,
    Der soll mein Liebster sein!

    Mein Herz wird mir so munter,
    Er muß mein Liebster sein!“ –
    Da lehnt sie sich hinunter
    Und stürzet in den Rhein.

    Die Ritter mußten sterben,
    Sie konnten nicht hinab,
    Sie mußten all verderben,
    Ohn’ Priester und ohn’ Grab.

    Wer hat dies Lied gesungen?
    Ein Schiffer auf dem Rhein,
    Und immer ha’'s geklungen
    Von dem Dreiritterstein:

    Lore Lay!
    Lore Lay!
    Lore Lay!

    Als wären es meiner drei.
  • Es ist mir ja jetzt schon absolut klar, daß JEDER in diesem Forum dieses kleine Gedicht schon seit Ewigkeiten kennt - aber ich habe es gerade erst gefunden, und ich finde es furchtbar witzig... :D

    Vicco v. Bülow alias Loriot
    Advent

    Es blaut die Nacht, die Sternlein blinken,
    Schneeflöcklein leis herniedersinken.
    Auf Edeltännleins grünem Wipfel
    häuft sich ein kleiner weißer Zipfel.
    Und dort vom Fenster her durchbricht
    den dunklen Tann ein warmes Licht.
    Im Forsthaus kniet bei Kerzenschimmer
    die Försterin im Herrenzimmer.
    In dieser wunderschönen Nacht
    hat sie den Förster umgebracht.
    Er war ihr bei des Heimes Pflege
    seit langer Zeit schon sehr im Wege.
    So kam sie mit sich überein:
    am Niklasabend muß es sein.
    Und als das Rehlein ging zur Ruh',
    das Häslein tat die Augen zu,
    erlegte sie direkt von vorn
    den Gatten über Kimm und Korn.
    Vom Knall geweckt rümpft nur der Hase
    zwei-, drei-, viermal die Schnuppernase
    und ruhet weiter süß im Dunkeln,
    derweil die Sternlein traulich funkeln.
    Und in der guten Stube drinnen
    da läuft des Försters Blut von hinnen.
    Nun muß die Försterin sich eilen,
    den Gatten sauber zu zerteilen.
    Schnell hat sie ihn bis auf die Knochen
    nach Waidmanns Sitte aufgebrochen.
    Voll Sorgfalt legt sie Glied auf Glied
    (was der Gemahl bisher vermied) -,
    behält ein Teil Filet zurück
    als festtägliches Bratenstück
    und packt zum Schluß, es geht auf vier,
    die Reste in Geschenkpapier.
    Da tönt's von fern wie Silberschellen,
    im Dorfe hört man Hunde bellen.
    Wer ist's, der in so tiefer Nacht
    im Schnee noch seine Runde macht?
    Knecht Ruprecht kommt mit goldnem Schlitten
    auf einem Hirsch herangeritten!
    He, gute Frau, habt ihr noch Sachen,
    die armen Menschen Freude machen?
    Des Försters Haus ist tiefverschneit,
    doch seine Frau steht schon bereit:
    Die sechs Pakete, heil'ger Mann,
    's ist alles, was ich geben kann.
    Die Silberschellen klingen leise,
    Knecht Ruprecht macht sich auf die Reise.
    Im Försterhaus die Kerze brennt,
    ein Sternlein blinkt - es ist Advent.